jedem Cliquenwesen ferne
stand, schweigsam durchs
Leben ging, und seiner tiefen,
kindlich reinen Seele immer
neue Reichtümer zu ent-
locken wusste. So war Kühne
als Mensch und Künstler ein
Lehrer, der auf tiefer ver-
anlagte Gemüter den nach-
haltigsten Eindruck machen
musste. Die Lehrjahre, die
Schwathe bei ihm verbrachte,
waren in Anbetracht seiner
geringen Vorbildung leider
nur kurz, sie dauerten von
r8go bis 1894. Aber schon
im dritten Jahre erwarb er
sich einen Preis für die besten
GeSammtleiStüngt-In. Jahr Hans Schwathe, Landmädchen
später kam Schwathe zu
Professor Otto König, bei dem er drei und ein halb Jahre verblieb. Königs
Eigenart war allem Anscheine nach nicht die, deren Schwathe zu seiner
weiteren Ausbildung bedurfte. Die glatte Form, die tadellose Linie, etwas
Weiches, Melodiöses, das an Mozarts einschmeichelnde Weisen erinnert,
ist für Königs Arbeiten charakteristisch, und das findet keinen rechten
Widerhall in Schwathes Wesen. Je mehr er sich in den Geist von Kühnes
Kunst vertieft hatte, desto schwieriger musste es für ihn sein, sich die
Reize eigen zu machen, mit welchen König zu wirken versteht.
Als eine der besten von Schwathes frühen Leistungen tritt uns ein Relief
vom Jahre 1893 „Die Bildhauerei" entgegen: ein sitzender männlicher Akt
vor einer antiken Maske. Er ist gewissenhaft modelliert und verrät in
Haltung und Ausdruck den Schüler Kühnes. Bald darauf führt er ein anderes
Reliefbild aus, einen weiblichen Porträtkopf, der sein Streben, Feinheiten
des Gesichtsausdrucks zu erfassen, in erfreulicher Weise dartut. Einen
weiteren Fortschritt bedeutet ein bewegter männlicher Akt aus dem
Jahre 1895, eine Rundfigur, mit grosser Energie und vollem Verständnis der
Anatomie durchgeführt, ferner ein Kinderakt, Knabe mit Hahn, der die
weichen Schwellungen und das verschwommene Ineinanderfliessen
kindlicher Körperformen mit lieblicher Frische wiedergibt. Ungefähr
derselben Zeit gehört ein Porträtkopf an, vielleicht die beste Arbeit seiner
Studienzeit, ein Landmädchen mit derb-üppigen Gesichtsformen und
jugendfrischen, ausdrucksvollen Augen. In breiter, sicherer Behandlung hat
Schwathe die charakteristischen Feinheiten dieses Kopfes festzuhalten
verstanden. Kühndsche I-Ierbheit paart sich hier mit glücklichem Erfassen
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