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Ausser diesen hatten auch viele andere Sammler die Ausstellung
beschickt, so die Besitzer der beiden grössten und wertvollsten Sammlungen
Altwiener Porzellans aus der Periode Sorgenthal, die Herren Karl Mayer
und Simon v. Metaxa in
Wien, die Herren Dr. v. Dall-
witz in Berlin, Oberstleutnant
Jeglinger, die Reichenberger
und nordböhmischen Samm-
ler u. a. rn.
Das wissenschaftlich
interessanteste Stück war
eine Porzellankumme aus
dem Besitze des Herrn Karl
Mayer in Wien, mit plasti-
schen Goldauflagen, die mit
Email ausgefüllt sind; sie
trägt auf der Unterseite die
Bezeichnung „Hunger f."
und eine offenbar bloss deko-
rativ gemeinte Ligatur. wie
sie zum Beispiel auf den
frühen Meissner Porzellanen
oft vorkommt. Fünf Chinoi-
serien trägt die Kumme, mit
Keramische Ausstellung in Reichenberg, Altwiener Schüssel
mit bacchischer Szene in violettem Carnaieu. Arbeit eines
Bäumen, Chn-lesen, Vasgn Breslauer Uberdekorateurs. circa 1725-30 (Nordböhxnisches
und also ganz der Gewerbe-Museum, Reichenberg)
Dekor von Früh-Meissen
und Früh-Wien, wie er gerade in letzterer Manufaktur bis gegen 1745 bei-
behalten wurde. Der Rand und Fuss sind vergoldet, desgleichen das Innere
der Kumme, wie auch bei den frühen Meissner Stücken. Die kalt aufgelegte
plastische Golddekoration ist wie das direkte Grubenernail mit transluciden
Emailautlagen in den drei Farben blau, grün und rotbraun versehen.
Die Masse und Glasur sind ebenfalls gelblich, entsprechen aber nicht
der Meissner Art aus dem Beginn der Zwanziger-jahre. Es bleibt nur übrig,
an Wiener oder Venezianer Porzellan zu denken. Ersteres ist durch den
Dekor wahrscheinlicher.
Nun wissen wir durch Falke und Seidlitz („Neues Archiv für sächsische
Geschichte und Altertumskunde X", Seite 6x FR), dass der entlaufene
Meissner „Emailleur und Vergolder" Christoph Konrad Hunger von 1717
bis 1720 in Wien war und an der Wiener Manufaktur arbeitete und dann
x72o nach Venedig ging; 1725 kehrte er reumütig nach Meissen zurück.
Später trieb ihn sein Geschick nach Schweden. Alle Indizien sprechen dafür,
dass wir in der Kumme Hungers, die Dr. Pazaurek publizieren wird, eines
der allerersten Stücke Altwiener Porzellans vor uns haben.