früheren Aufsatze hingewiesen wurde. Knies
hat diese Urkunde im Wortlaute veröffentlicht.
Die Wiener Genossenschaft datiert ihr Bestehen
von diesem Briefe; das ist wohl insoferne ein
Irrtum, als angenommen werden muss, dass
irgend eine Organisation dieses Gewerbes schon
von altersher bestanden hat, wenn die I-Ierzoge
beurkunden: „ . . . mit wolbedachten Mueth
und mit rechten Wissen haben wir die Recht
und gesezte den Goldschmiden zu Wien ge-
geben und verliehen und In auch vernewen
alten guet gewonheit . . . " Aber die Kon-
trolle des Feingehaltes der Wiener Arbeiten
wird mit diesem Briefe erst eingeführt, die
genossenschaftliche Beschau, also die Begut-
achtung der Stücke durch Vertrauensmänner
der Genossenschaft, welche bis zum Jahre 1783
aufrecht bleibt. In diesem Jahre wird ein kaiser-
liches Punzierungsamt versuchsweise errichtet
und Gerhart Cocsell, der im Jahre 1755 Meister
geworden, als Kontrollor bestellt; im Jahre 1785 '
übernimmt die Leitung der von rnir bereits Ausstellung von Goldschmiedearbeiten in
erwähnte Antoni Lutzenberger, der im Jahre T'""PT.'I„'ÄZF.','ÄÄIYÄ."(E;.2332i" Jahr.
1778 Meister wurde und den Ergeiz hatte, sich
über seine Genossen zu erheben und an die Spitze der gegen sie gerichteten
staatlichen Aufsichtsbehörde zu treten. Die Beschau gilt, wie erwähnt, der
Einhaltung der Feingehaltsbestimmungen, sie diente volkswirtschaftlichen
und künstlerischen Interessen, dem Schutze der guten Arbeit gegenüber
minderwertiger, wie dem Schutze der Käufer vor Übervorteilung.
Wie wir sehen (Bruderschaftsordnung von 1773, Punkt 7 und 15) konnte
ein Meister wegen Gebrechen, die sich nachträglich an seiner Arbeit ergaben,
oder wenn er dann nicht mehr am Leben sein sollte, seine Erben und der
Zeichenmeister, der dieses unprobmässige Gold und Silber punziert hat oder
dessen Erbe zur Verantwortung gezogen und zu Schadenersatz verhalten
werden; und wenn dies nicht mehr möglich war, hatte die Genossenschaft
in solidum die Haftung zu übernehmen. Es bürgen also Alle für Einen, und
jederzeit wird nachweisbare, selbst längst vergangene Benachteiligung gut
gemacht. Erst die Patente von 1806 und 1809 veränderten die Bedeutung der
Punzierung, aus der wirtschaftlich-künstlerischen Schutzbestimmung wurde
eine fiskalische Massregel.
Bis zum Patente Leopolds I. vom 26. März 165g blieb der Feingehalt
für Gold mit 20 Karat, für Silber mit 15 Lot festgesetzt. Das Leopoldinische
Patent verfügt, dass der Silbergehalt 14 lötig sei. Josef I. und Karl VI.
ordnen mit den Patenten vom 7. März 1708 und 6. März 1716 an, dass „jeder
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