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Volltext: Alte und Moderne Kunst XXII (1977 / Heft 154 und 155)

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
znsensky-Eühne, i. Ausgabe 
tVorhang 
wreiber, Eßlingen, „Großes 
eater", Dekoration: Walfse 
ilucht mit Samiel und MGX 
uppe GUS Figuren und Text- 
ch „Martha" oder „Der Markt 
n Ridimond", Verlag: Sdirei- 
r, Eßiingen 
zimtheoter in ßidu und edid. 
ikorutian und Figuren von 
ahmigke a Riemschneider, 
suriippin 
Das Solzburger Museum Carolino Augusteurn beabsichtigt, 
im Zuge der Errichtung eines eigenen Spielzeugmuseums im 
historischen Bürgerspilal irn kommenden Jahre eine 
besondere Abteilung zur Dokumentation der Geschichte und 
des Fmmenreichtums der Papiertheater des 19. idnrniinderis 
einzurichten. Ein reicher Fundus von über vierzig spiel- 
bereiten Bühnen GUS der Sammlung Folk mit fast allen 
seinerzeit gängigen Stücken GUS dem Repertoire des 
Welltheaters, der Oper und des Lustspiels sowie einer Fülle 
Vorl Krndere und Märchenstücken wird ausreichend 
Material für einen „TheulerSOGl" geben, dessen Inhalt 
durchaus in mancherlei Hinsicht III gegenwartsbezagenen 
Gedanken anregen kann. 
mit mehr als einer Signatur an das geduldige 
Papier weiterzugeben. 
So finden sich - um nur ein Beispiel zu nennen - in 
der Bogenkollektion von Renner 81 Co., Nürnberg, 
Motive von Scholz, Mainz, und Winckelmann, Berlin. 
- Wo gar seitenverkehrt „übernommen" wurde, 
liegt das Bestreben, es sich mit einem Abklatsch 
leichtzumachen, offen zutage. Durch eifriges 
Kopieren gelungener Vorlagen, die nicht selten 
aufgrund von Kostümen und Dekorationen von 
Uraufführungen entstanden waren und gelegentlich 
sogar den persönlichen Ausdrucksstil der 
Protagonisten Wiedergaben, entstanden interessante 
Traditionen und stilistisch festgefügte Begriffe einer 
in gewissem Sinne internationalen „Papiertheater- 
Klassik". 
Die unzweifelhafte Nähe der Papiertheater zu den 
großen Bühnen, was Ausstattung und Repertoire 
anlangt, forderte immer wieder zu Untersuchungen 
über den Quellenwert der Papiertheater für die 
theaterwissenschaftliche Forschung heraus. Teils 
saßen tatsächlich Zeichner der Verlage heimlich als 
Spione oder auch hochoffiziell eingeladen bei den 
Proben, teils waren die Bühnenausstatter selbst - 
wie etwa Theodor Jachimowicz, der Ausstatter der 
Wiener Hofoper - den Verlagen als Zeichner 
verbunden. Die Steindrucktechnik gab überdies die 
Möglichkeit, auf Theaternovitöten und wichtigen 
Premieren unmittelbar mit der Herausgabe 
entsprechender Bögen zu reagieren. So scheint sich 
mit dem Blick zurück ins 19. Jahrhundert eine 
paradiesische Landschaft schöpferischen Spiels mit 
dem Theater voll Phantasie und geistiger 
Bereicherung zu öffnen. Bis auf einige englische 
Produkte und wenige deutsche Liebhaber-Reprints 
im Zuge der Nostalgiewelle gibt das einst so 
wichtige Papiertheater heute kaum noch Lebens- 
zeichen. Es ist in seiner alten Form für die Menge 
zwar noch liebenswert, aber rnuseal geworden. 
Warum? 
Vielleicht war die Faszination der_ bewegten Bilder 
stärker als die „Momentaufnahmen", die einander 
auf der Papiertheaterbühne nur stockend ablösen 
konnten. - Bereits 1833, also noch vor der eigent- 
lichen Blütezeit der Papierbühnen, hatte der Wiener 
Verleger Trentsensky gemeinsam mit dem Erfinder 
Simon Stampfer ein zweiiöhriges Privileg zur 
Erzeugung des Stroboskops, einer Scheibe mit 
bewegten Bildern, erworben, und bald l_eiteten 
Praxinoskop, Lebensrad und bewegliche Proiektionen 
mit der „laterna magica" ins Zeitalter des Films 
und schließlich des Fernsehens im Kinderzimmer 
über. Nur ein Vetter des Kindertheaters aus Papier, 
das Puppentheater, scheint sich auch in die neuen 
Verhältnisse zu fügen. 
Vielleicht nimmt heute das direkte, nicht auf 
Papierfigürchen übertragene Rollenspiel der Kinder 
nach Vorbildern aus TV-Serien einen Teil der 
Stellung ein, die einst das Papiertheater hatte. 
Vielleicht fehlte es heute auch nur, weil es an der 
mitreißenden schöpferischen Vitalität großer zeit- 
genössischer Dramatiker und Übersetzer mangelt. 
- Hochhuts „Tod eines Jägers" als Papiertheater- 
aufführung? Kaum denkbar! Vielleicht wartet es 
aber auch nur auf seine Wiedergeburt aus den 
Bedürfnissen einer kommenden „Freizeitgeseil- 
Schaft", die sich ihre persönlichen Probleme mit 
Schere, Kleister und Premieren von der Seele 
spielen will. 
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