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Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 7 und 8)

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Wie gelangt nun der Verfasser zu Erfolgen, wie 
macht er den Schüler selbständig und selbsttätig, ohne 
ihm etwas vorzulegen oder vorzuschreiben? Eigentlich 
auf die einfachste Weise. Larisch nutzt die mehr oder 
weniger klaren Vorstellungen aus, welche jeder Lese- 
kundige von den Buchstaben besitzt. Der Schüler beginnt 
sofort zu schreiben, wohlgemerkt nicht zu „zeichnen". 
„ln einem Zuge, aus dem Gedächtnisse, in den ein- 
fachsten, die Buchstaben charakterisierenden Formen", 
wird ein zusammenhängender Text geschrieben, ein 
Schriftfeld geschlossen und dieses in den Raum gestellt. 
In der Regel sind es die Großbuchstaben der Antiqua, 
als die am leichtesten dem Gedächtnisse einzuprägenden 
Formen, welche vom Schüler benützt werden. Es ist 
nach den gemachten Erfahrungen zweifellos, dal] selbst 
Volks- und Bürgerschüler diesen Anforderungen ganz 
gut nachkommen können (Abbildung 1-4 im Buche). 
Denn es ist eine oft beobachtete Erscheinung, daB 
Kinder schon im vorschulpflichtigen Alter sich solche 
Buchstaben leicht merken. 
Larisch zeigt nun an einigen sinnfälligen Beispielen 
(Abbildungen Seite 11-14), daß die gewöhnliche geo- 
metrische Methode mit ihren Netzen, ihrer linearen Ab- 
messung, nicht dem Zwecke einer gleichmäßigen oma- 
mentalen Schriftwirkung entspricht, weil die Flächenin- 
halte der einzelnen Hintergrundsausschnitte nicht optisch 
inhaltsgleich erscheinen; an einigen entsprechenden 
Übungen wird diese Hauptforderung der ornamentalen 
Schrift erläutert. Larisch weist den Lehrer an, bei den 
Übungen nur insoferne einzugreifen, als es den einzelnen 
Schüler in der Vervollkommnung seines individuellen 
Schriftcharakters durch passende Ratschläge unterstützt. 
Die unterrichtlicheTätigkeitwendetsich zwei Haupt- 
punkten zu, und zwar erstens der Pflege des handschrift- 
lichen Charakters, des Buchstaben an sich, zweitens der 
Beziehung der Buchstaben zueinander, das ist der orna- 
mentalen Buchstabenmassenwirkung. „Die Schriftver- 
teilung mit ihren vielfachen Gestaltungen und Formfein- 
heiten ist das starke Fundament des Unterrichtes." 
„Indirekt und in zarter Form, nimmt die Schulung in der Schriftverteilung Einfiuß 
auf den Schriftcharakter, indem sie diesen herausarbeitet und festigt." 
Unterstützt wird diese künstlerische Schulung nicht wenig durch die Forderung, mit 
möglichst „viel Körper", also dick (zum Beispiel mit dem eigenartigen „Quellstift") zu 
schreiben. Gleichzeitig wird aber auch streng darauf gehalten, daß die Schriüfelder ge- 
fällig in den Raum gestellt sind, womit ein anderes, höchstwichtiges Kapitel des modernen 
Kunstunterrichtes in Angriff genommen erscheint, was um so wichtiger ist, je niedriger 
die Stufe ist, auf welcher der Schüler steht, je geringer das Verständnis ist, das er der 
Raumkunst entgegenbringt. 
Ist die Wahl des Schriftwerkzeuges (Stift, Quellstift, Schreibfeder, Rohrfeder, Punze 
und sofort) dem Schüler überlassen, so wird sich eine noch größere Mannigfaltigkeit in 
der Schriftgestaltung ergeben, wie sie eben die Material- und Werkzeugsprache bedingt. 
Große Aufschriften oder die „durchlochtenß bloß konturierten Schriften werden 
Franziska Hofmanninger, Studie
	        
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