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Wie gelangt nun der Verfasser zu Erfolgen, wie
macht er den Schüler selbständig und selbsttätig, ohne
ihm etwas vorzulegen oder vorzuschreiben? Eigentlich
auf die einfachste Weise. Larisch nutzt die mehr oder
weniger klaren Vorstellungen aus, welche jeder Lese-
kundige von den Buchstaben besitzt. Der Schüler beginnt
sofort zu schreiben, wohlgemerkt nicht zu „zeichnen".
„ln einem Zuge, aus dem Gedächtnisse, in den ein-
fachsten, die Buchstaben charakterisierenden Formen",
wird ein zusammenhängender Text geschrieben, ein
Schriftfeld geschlossen und dieses in den Raum gestellt.
In der Regel sind es die Großbuchstaben der Antiqua,
als die am leichtesten dem Gedächtnisse einzuprägenden
Formen, welche vom Schüler benützt werden. Es ist
nach den gemachten Erfahrungen zweifellos, dal] selbst
Volks- und Bürgerschüler diesen Anforderungen ganz
gut nachkommen können (Abbildung 1-4 im Buche).
Denn es ist eine oft beobachtete Erscheinung, daB
Kinder schon im vorschulpflichtigen Alter sich solche
Buchstaben leicht merken.
Larisch zeigt nun an einigen sinnfälligen Beispielen
(Abbildungen Seite 11-14), daß die gewöhnliche geo-
metrische Methode mit ihren Netzen, ihrer linearen Ab-
messung, nicht dem Zwecke einer gleichmäßigen oma-
mentalen Schriftwirkung entspricht, weil die Flächenin-
halte der einzelnen Hintergrundsausschnitte nicht optisch
inhaltsgleich erscheinen; an einigen entsprechenden
Übungen wird diese Hauptforderung der ornamentalen
Schrift erläutert. Larisch weist den Lehrer an, bei den
Übungen nur insoferne einzugreifen, als es den einzelnen
Schüler in der Vervollkommnung seines individuellen
Schriftcharakters durch passende Ratschläge unterstützt.
Die unterrichtlicheTätigkeitwendetsich zwei Haupt-
punkten zu, und zwar erstens der Pflege des handschrift-
lichen Charakters, des Buchstaben an sich, zweitens der
Beziehung der Buchstaben zueinander, das ist der orna-
mentalen Buchstabenmassenwirkung. „Die Schriftver-
teilung mit ihren vielfachen Gestaltungen und Formfein-
heiten ist das starke Fundament des Unterrichtes."
„Indirekt und in zarter Form, nimmt die Schulung in der Schriftverteilung Einfiuß
auf den Schriftcharakter, indem sie diesen herausarbeitet und festigt."
Unterstützt wird diese künstlerische Schulung nicht wenig durch die Forderung, mit
möglichst „viel Körper", also dick (zum Beispiel mit dem eigenartigen „Quellstift") zu
schreiben. Gleichzeitig wird aber auch streng darauf gehalten, daß die Schriüfelder ge-
fällig in den Raum gestellt sind, womit ein anderes, höchstwichtiges Kapitel des modernen
Kunstunterrichtes in Angriff genommen erscheint, was um so wichtiger ist, je niedriger
die Stufe ist, auf welcher der Schüler steht, je geringer das Verständnis ist, das er der
Raumkunst entgegenbringt.
Ist die Wahl des Schriftwerkzeuges (Stift, Quellstift, Schreibfeder, Rohrfeder, Punze
und sofort) dem Schüler überlassen, so wird sich eine noch größere Mannigfaltigkeit in
der Schriftgestaltung ergeben, wie sie eben die Material- und Werkzeugsprache bedingt.
Große Aufschriften oder die „durchlochtenß bloß konturierten Schriften werden
Franziska Hofmanninger, Studie