Ihre eine Seite, nach der Krausenstraße, ist in der Architektursprache ganz schwäch-
lich und müht sich den Mangel an Charakter durch dekorierenden Putz zu ersetzen. Wie
mit der Gießbüchse aufgetragen wirkt das Kringelwerk, weichlich und süßlich, eine Wand
für ein Pfefferkuchenhäuschen, nicht aber für dieses den Straßenteil beherrschende massige
Haus. Und an dieser teigigen Fläche hängt überschwer lastend ein dunkelgrünlicher, lang-
gestreckter, breitgewölbter Metall-Balkonkasten, gefährlich anzusehen.
Und als Abschlußlinie zieht sich auf dem Dachrande wieder ein viel zu spärliches,
schwindsüchtiges Gitter.
Die andere Fassade, nach der Leipziger Straße, hat in der formalen Führung und
Gliederung gelungenere Züge.
Ihr Unterteil, Erdgeschoß und erster Stock ist als architektonische Einheit behandelt.
Breit durchgeführte, mit Granitplatten belegte Pfeiler und ein vorspringendes Abschluß-
gesims darüber lagernd, fassen diesen Teil zusammen. Eingang und Verkaufsraum sind
im modernen Ladenstil gehalten, großzügige Materialbehandlung mischt hier Bronze und
facettiertes Glas mit den Granitrahmen zu einem wuchtigen Ensemble. Beleuchtung wird
zum Schmuckfaktor. Die neue Art, das Schaufenster nicht direkt durch sichtbare Leucht-
körperzu belichten, sondern indirekt dieLichtwellen von einemwie ein Schnürboden überder
Schaufensterbühne lagernden, innen erhellten Glaskasten strömen zu lassen, hat hier beson-
dere Ausbildung erfahren. Dieser Glaskasten wird in der Frontfläche der Fenster noch
eigenartig betont, er wölbt sich heraus, er hat eine farbige Verglasung mit Makintosh-
Ellipseniiguren - ein Lichtschmuckfries. Und aus den Zwischenplatten der ersten Stock-
werkfenster bauen sich dreieckige Laternen hervor.
Der obere l-Iausteil darüber hat in seinen Zügen, dem schlank herausgebuchteten
Balkon, dem kurvigen Giebelrand, manchen Reiz. Aber statt der reinen und wesentlichen
Mittel stört dann wieder farbige Übertreibung, Überladung der Flächen mit Fratzen, bunten
Schnörkeln, Reliefleibern tragender Körper, von einer Rasse, die man Sezessions-Karya-
tiden nennen muß, um ihre Lebensunfahigkeit gebührend zu kennzeichnen.
Solche Erscheinungen, die so zwitterhaft gemischt sind, die erkenntnislos manch
gutes Ergebnis -jene Ladenarchitektur zum Beispiel - aufnehmen und dies dann mit den
schlimmsten Surrogat- und Atrappenelementen vereinen, machen sehr bedenklich und
lehren, daß wir es doch noch gar nicht so herrlich weit gebracht.
Im Kaiser Friedrich-Museum fesselt das Interesse die jetzt sorgfältig und mit
seltenen Stücken ausgebaute Islamische Abteilung. Eine zwingende Anregung, diesen
bisher in unseren Sammlungen künstlerisch nicht genug gewürdigten vorderasiatischen
Schätzen ein selbständiges Reich zu errichten, kam von der Schenkung jener orientalischen
Palastfassade der Sassanidenperiode mit ihrer unerhörten Formphantasie und dem
unbeschreiblichenEinklang von Monumentalität mit Filigrangrazie. Diesem erlesenenBesitz
hat sich nun eine Anzahl von Kleinkunstwerken aller Techniken angegliedert, viele als
Schenkung der von Bode so geschickt gewonnenen und herangezogenen Kunstfreunde,
manche als Leihgabe, wie die reichhaltige Kollektion von Professor Friedrich Sarre. Viel-
seitigvertreten ist dieKerarnik,besonders in derForm derFliesen, die jain der mohammedani-
sehen Architektur eine so wichtige und dankbare Rolle spielen. Geschnitten und glasiert
sind sie, oft mit den Ornamenten arabischer Schrift geziert oder mit Ranken- und ver-
schlungenem Blattwerk. Blau ist die Lieblingsfarbe, zum hellen stimmt sich ein dunkleres
Blau, ein sanftes Gelb und ein wie darüber gestäubter Goldhauch.
Tongefäße sieht man dann oft mit metallischen Rellexen und in proportionsschönen
Bildungen, schlankhalsig und gewölbt.