MAK

Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 12)

 
land und Frankreich hat das frühe Mittelalter die in der altchristlichen Kunst 
ausgegebenen Züge aus der Apokryphenliteratur (Maria mit der Spindel 
oder mit dem Wasserkrug am Brunnen) noch vielfach beibehalten und die 
Auffassung in den ersten Jahrhunderten auch bewahrt. Später treten andere 
Behandlungen des Gegenstands auf. Die himmlischen Vorgänge werden 
der Kenntnis des irdischen Lebens angepaßt, häufig in visionärer Verzückung 
betrachtet und die Mystik wird zur Erklärung herangezogen. Wir begegnen 
zuweilen Vorstellungen, die uns wenig Geist und keinen religiösen Sinn 
verraten, wie zum 
Beispiel zu Würzburg 
im Katzenwicker, wo 
der Embryo sich nach 
dem Schoß der heili- 
gen Jungfrau bewegt. 
An der Westgrenze 
deutschen Kunst- 
Schaffens, am Ober- 
rhein, entsteht eine 
weitere Form von 
Künstlerhand, die uns 
in ihrer Auffassung 
befremdet. 
Im Kunstgewerbe 
des ausgehenden XV. 
Jahrhunderts ist es 
eine Bronzeplakette, 
welche uns diese Dar- 
stellung in ziemlicher 
Vollständigkeitbringt. 
Dem Revers mit der 
an das Paris-Urteil 
erinnernden Szene 
aus der Legende des Königs Alfred III. von Mercien entspricht als Avers die 
Darstellung der Verkündigung. In einem Garten, der nach vorne mit einer 
Zinnenmauer, nach rückwärts mit einem Turm und einer Felsenburg ab- 
geschlossen ist, ruht die heilige Jungfrau auf einem Rasenhügel. Hinter ihr 
liegt das Fell Gideons und weiter rückwärts steht ein Wasserkessel - bezug- 
nehmend auf die Schilderung des Protoevangeliums Jacobi aus dem Ende des 
III. Jahrhunderts, demzufolge Maria gerade vom Brunnen Wasser holte. Bei 
ähnlichen Darstellungen finden wir übrigens an Stelle des Wasserkessels 
einen mit Purpurwolle gefüllten Korb. Nach den alten Apokryphen arbeitete 
Maria täglich von der dritten bis zur neunten Stunde an der Herstellung eines 
Purpurvorhangs für den Tempel und war eben damit beschäftigt, als der 
göttliche Bote erschien. Dem Korb begegnen wir zuerst im V. Jahrhundert;
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.