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Volltext: Monatszeitschrift XIII (1910 / Heft 5)

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und ganzen. Sie aber gerade 
sind es, in deren Entwick- 
lung jenes wunderbare Etwas 
liegt, das aus schmucklosen 
Mauern, rein nur durch Ver- 
hältnisse der Flächen unter- 
einander, die künstlerisch 
groß wirkende Erscheinung 
zu machen vermag. Es han- 
delte sich hier nicht um die 
Anwendung bestimmt fest- 
gelegter Gliederungen, wie 
sie zum Beispiel bei klassi- 
schen und Renaissancefas- 
saden in Betracht kommen. 
Jede Terrainbiegung, jeder 
Terrainabsatz stellte neue 
Bedingungen, neue Aufga- 
ben. Alles das in organischen 
Zusammenhang gebracht, 
aus dem Vielteiligen ein Ein- 
heitliches gemacht zu haben, 
bei einer während Jahrhun- 
derten fortgeführten Arbeit 
nicht aus der Rolle gefallen 
zu sein - darin liegt das im- 
ponierende Moment dieses 
Wlunderwerkes   Abb. 3x. Das Mittelschiff der Abteikirche im jetzigen Zustand 
die Geschichte da, wo aka- 
demische Normen, festgelegte Formeln in Anwendung traten: bei der schon 
genannten barocken Westfassade der oberen Kirche. Ein so radikales Ver- 
sagen des Verständnisses für Größenverhältnisse und lokale Erfordernisse 
ist keinem der vielen mittelalterlichen Baumeister, die im Laufe der Jahr- 
hunderte an dem Werke tätig waren, zugestoßen." Sie waren keine Aka- 
demiker. Das hinderte sie nun freilich nicht, für jede noch so eigenartige 
Forderung die geeignete Lösung zu finden. Es waren handwerklich außer- 
' Will man damit beispielsweise ein der Renaissance angehörendes Kolossalbauwerk, die Superga bei 
Turin vergleichen, so ist der Unterschied sofort klar. Die riesige Kuppelkirche ist auf den Berg, den sie bekrönt, 
hinaufgestellt. Beim Mont-Saint-Michel ist die Gesamtanlage mit dem Boden verwachsen. Die Alhambra zeigt 
das nämliche Bild, soweit es sich um die arabiscb-maurischen Teile handelt. Der an sich sehr schöne Palast 
Karls V. daselbst ist ohne Berücksichtigung der natürlichen Umgebung entstanden. Ein glänzendes Beispiel 
architektonischer Ausnutzung des Terrains ist ferner das portugiesische, in der ursprünglichen Anlage maurische 
Schloß von Cintra. Die Normandie besitzt eine ganze Reihe vorzüglicher Erscheinungen dieser Art in Städte- 
Kirchen und Schloßanlagen: Avranches, Coutances, Saint-Lß, jumieges, Sainte-Vandrille etc. etc. Die zahlreichen, 
zum Teil äußerst reizvollen, klassizistischen Sehloßbauten des Landes, an denen besonders das Departement 
Calvados, früher größtenteils zur Normandie gehörend, sehr reich ist, liegen alle entweder in ebenem oder nur 
leicht hewegtem Terrain und zeigen durchweg das Streben nach äußerst einfacher Silhouettenwirkung.
	        
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