Zu den kostbarsten Stücken unter den Silbersachen gehört die Früh-
renaissancekanne, Figur 60, die aus Filigran aufgebaut und innen mit einem
zylindrischen Glase versehen ist. Der Kinderfries, der das Ziergefäß oben und
unten abschließt und ganz ebenso auf einem Trinkgeschirr in derPetersburger
Eremitage vorkommt, geht auf Flötner zurück, dem eine ähnliche Kom-
position im Germ. Mus., unsere Figur 58, allgemein zugeschrieben wird. In
weiterem Umkreise die Be-
liebtheit des Motives be-
weisend, schließt sich auch
eine andere Buchsschnitzerei
der ehemaligen Sammlung
Spitzer, unsere Figur 59, hier
an. Die elegante Sirene über
dem Griff, der groteske Narr
auf dem Deckel verraten,
daß auch hier ein hervor-
ragender Künstler dem aus-
führenden Meister Modelle geliefert hat; sie beweisen aber auch, daß der Gold-
schmied der Aufgabe, mit diesem köstlichen Gut zu wuchern, nicht gewachsen
war. Die Wiederholung des Frieses und die außer Verhältnis stehenden
Maskarons und Köpfe sind Kompositionsfehler, die ein Meister vom Range
des Entwerfers der Einzelteile sich nicht hätte zuschulden kommen lassen.
Der ausführende Meister hätte auch den Kinderfries etwas sorgfältiger durch-
ziselieren sollen, aber eigentlich kann man ihm nur dankbar sein, daß er es
nicht getan und dadurch dem Modell etwas mehr Frische bewahrt hat.
Die Kanne, wie sie uns als Gesamtkomposition entgegentritt, ist in der
Renaissancezeit sehr beliebt gewesen. Vielleicht das früheste unter den er-
haltenen Stücken befindet sich bei
M0 rgan, wohin es mit einem schon
recht ansehnlichen Stammbaum:
Sax, Heckscher, Löwengard und
Gutmann,gelangt ist. Diesem Exem-
plar am nächsten steht das unsrige,
welches etwa ein Jahrzehnt jünger
ist und wohl 1540 angesetzt w- iiäfäf.ä;.'il""'äl'äii. T3353;iTTJZKiiLZSCZZKiZS
den kann. Derselben Zeit und
dem gleichen Kunstvermögen gehören noch zwei Stücke an, eines im
Clare College, Cambridge, das andere bei Baron Alfred von Rothschild
in London. In weiterem Kreise gruppieren sich um unser Stück noch sechs
andere: bei Lionel von Rothschild-London, Kreml-Moskau, Deutschordens-
schatz-Wien,AuktionMilani1883, Schlesisches Museum-Breslau und endlich,
last and really least, das rohe Exemplar im Czartoryski-Museum zu Krakau.
Figur 58. Natürliche Größe. Fries tanzender Kinder in Buchs
geschnitzt. Peter Flötner zugeschrieben (Gennanisehes Museum)