daraus möchte ich schließen, daß Hans Heider in Salzburg selbst, wenn
auch nur für ein paar Jahrzehnte, ansässig gewesen ist. Anders dürfte sich
sein Einfluß, wie er sich in dem Räutterstein unmittelbar, im Vitalisstein in
einer freien Abwandlung ausprägt, kaum erklären lassen.
Wie schon oben erwähnt wurde, soll Abt Petrus Klueghammer auch die
Grabstätte des heiligen Rupertus mit einem Steine ausgestattet haben. Es
unterliegt keinem Zweifel, daß die Deckplatte, die jetzt über dem Felsengrab
des Heiligen in St. Peter zu Salzburg ruht, aus dieser Zeit stammt, und man
kann ohne weiteres mit ihr den Eintrag unter den: „Distributa edificii däß
dni x liiii to" der Abteirechnung in Verbindung bringen: „ltem der Stain
auff Sand Rufichts grab mit sampt der arbeit gestet dir lb xiiij" "' (Abb. 30).
Der künstlerische Wert der Grabplatte ist nicht erheblich. Sie zeigt uns
in flachem Relief den Apostel Salzburgs in Todesruhe. Die schlaffen Arme
sind übereinander gekreuzt, diagonal über die Figur legt sich das Pedum.
Der von einem großen tellerförmigen Nimbus umrahmte lockige Kopf ruht
auf einem Kissen. Die Platte macht infolge ihrer Technik einen altertüm-
lichen Eindruck. Die ganze Masse des Körpers hebt sich in einer vollkommen
ebenen Fläche von wenig Zentimetern vom Grunde heraus, und Gewandfalten
und Hände werden nur durch einfache Linienzeichnung angedeutet. Nur der
Kopf erscheint durchmodelliert, wenn auch flau und weichlich. Immerhin
beansprucht er dem des heiligen Vitalis gegenüber den Vorzug, denn er
wirkt wahrer und persönlicher und ahmt mit den halbgeschlossenen Augen
und den herabgezogenen Mundwinkeln nicht ohne Glück das Bild des Todes
nach. Trotz der großen Unterschiede in den Köpfen der beiden Heiligen, die
wir uns durch die scharfen Gegensätze von Hoch- und Flachrelief und durch
die differenzierte künstlerische Anschauung und Qualität der beiden Meister
zu erklären haben, spricht doch nichts dagegen, die beiden Steine in die gleiche
Zeit zu setzen. Walz führt bei seiner Besprechung des Rupertusgrabes auch
die oben schon genannte Notiz der Kustodierechnung ad 1496 an: „Magister
Joannes scissor, qui sculpsit lapidem pro divi Rupexti Abbatis sepulcro,
habet denariorum libras 10"." Diese Notiz bezieht sich, wie schon oben
erwähnt, auf den Grabstein des 1495 verstorbenen Abtes Rupertus Keutzl,
nicht aber auf das Felsengrab des heiligen Rupertus. Der Keutzlstein ent-
spricht in Stil und Preisangabe der Kustodierechnung vollkommen. Die ver-
führerische, aber falsche Lesart bei Walz „pro divi Ruperti Abbatis
sepulcro" wird durch die richtige Auflösung des dhi in „pro domini Ruperti
Abbatis sepulcro" hinfällig.
In anderem Zusammenhang habe ich bereits dem Meister des Rupertus-
grabes das Grabdenkmal für Bischof Georg Überacker von Seckau, gestorben
1477, zugeschrieben i" und K. Fr. Leonhardti- hat danach ein reiches Opus
4' Abteirechnungen 1364 bis 1500, Cist. CIXXIV, 3.
"H" Walz. a. a. 0., S. 396. - Vgl. oben S. 455.
h" Ph. M. Halm, Hans Valkenauer und die Salzburger Mnrrnorplastik in „Kunst und Kunsthandwerk",
XIV (1911), S. 185,
1- Leonhardt, Spätgotische Grabdenkmäler des Salzachgebietes. Hannover rgxg, S. 21 E.
1'.)
dieses Bildhauers, den er recht glaubhaft auf Meister Eybenstock tauft,
. zusammengestellt. Zu Eybenstocks Werken zählt Leonhardt wohl mit Recht
auch die Grabplatten des Propstes Petrus, gestorben 1445, im Kloster Au und
des Archidiakons Thomas Surauer, gestorben 145 5, im Kloster Gars. Damit
gelangen wir zur äußersten westlichen Grenze unseres Gebietes, ins Inntal.
Es muß auffallen, daß,
während die Grabplastik
von etwa 1450 an dort eine
Anzahl trefflicher Werke
unter eigener Schule schuf,
sich aus der ersten Hälfte
des Jahrhunderts dort nur
einige wenige Steine finden,
die sich mit dieser späteren
Schule nicht in Einklang
bringen lassen und sich wie
die beiden eben erwähnten
Werke deutlich als Import
zu erkennen geben. Unter
den Wappensteinen findet
sich kaum ein einziges
Werk von nennenswerter
künstlerischerDurchbildung,
keines von der Vollendung
wie die Platten Hans I-Iai-
ders in Seeon, Baumburg
oder I-Iaslach, und von
den iiguralen Grabmälern
kommt im Rahmen dieser
Abhandlung, deren Mittel-
punkt der Seeoner Meister
bildet, nur ein Werk in
Betracht, die Grabplatte
des Georg Fraunberger
von Haag, gestorben 1436,
in Kloster Gars (Abb. 31).":
Diese mächtige Platte - sie mißt 2'53 Meter in der Höhe und I'6 Meter
in der Breite - bildete, wie aus der Schräge und ihrer nach auswärts fußen-
den Umschrift erhellt und wie auch Wiguleus Hund bestätigt, der von
„einem erhebten Stein" spricht, den Deckel einer Tumba oder lag wenigstens
erhöht über dem Paviment der Klosterkirche?" Heute steht sie aufrecht in
Abb. 3x. Grabplatte des Georg von Fraunberg im Kloster Gars
"' Die beiden andern Grabsteine, der des Archidiakons Jakob Hinderkircher in Gars und des jägermeisters
Konrad Zeller in Attel, werden in anderem Zusammenhang behandelt werden.
"i Wiguleus Hund, Bayerisch Stammenbuch, I (x5g8), S. 56.
1-: