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gebieten und den lokalen Blüteperioden und Werkstätten nachzugehen, die
ja der Ortskundige und Landesangehörige stets besser studieren kann als
der Fernstehende. Neben dem universalhistorischen und weltumfassenden
Standpunkt gegenüber der Kunstentwicklung ist der lokalgeschichtliche und
national differenzierte nicht minder wichtig für ein Land, das ein so bun-
tes Durcheinander
von EinHuBgebie-
ten aufweist wie
Österreich. Seine
Sammlungen sol-
len zugleich auch
der Hort jener
wertvollen Quel-
len der Anregung
und Befruchtung
sein, die oft an
bisher wenig be-
achteter und be-
kannter Stelle Hie-
ßen und die tief im
Volkstum wurzeln.
Man braucht,
um dies zu bekräf-
tigen, nur auf die
keramischenWerk-
Stätten hinzuwei-
sen, die Fayence
undSteingut pfi eg-
ten und nament-
lich im südlichen
Mähren zu finden
sind. Interessant
ist es auch, die al-
te Heerstraße der
Völkerwanderung
mit ihren Gräberfunden in Mähren zu verfolgen und den Zusammenhang
dieser frühen charakteristischen keramischen Typen mit der Bauernkeramik
zu studieren.
Ähnliche und noch reichere Ausbeute versprechend ist das Studium
der mährischen Textilien. Gerade die mährische Bauernbevölkerung ist hier
unermüdlich und fruchtbar gewesen. Andrerseits ist in Mähren der Einfluß
des weiblichen Adels nachweisbar, der die Bauernbevölkerung in früheren
Zeiten in der häuslichen Kunstpfiege unterstützte. Sicherlich ist auch der
Einfluß des Klerus bedeutend gewesen. Mähren hat sehr umfassende Kloster-
Wirkteppich aus Hildesheim, XV. Jahrhundert, Teilansicht (Erzherzog Rainer-
Museum, Brünn)