Wozu unter anderm auch die Erwirkung der obigen Urkunde gehörte, sondern
stiftete auch um seines Seelenheiles willen bereits am 27. April 1518 ein
„ewiges Salve Regina", das „teglich alle Abendt durch das ganncz Jar in . .
sand Steffans Thumbkirchen zu hallten vnd ze singen" war, und widmete
diesem Zwecke den Ertrag der fünf „Cramerläden" beim bischöflichen Palais}
Dieselbe Erwartung des nahen Todes atmen aber auch die Verse, die dem
Bischof auf dem „Tod der Maria" in den Mund gelegt sind; auch dieses Bild,
das ganz im Stile der zu Beginn des XVI. Jahrhunderts üblichen Grab- oder
Gedächtnistafeln gehalten ist," bedeutet gewissermaßen einen Abschied vom
Leben und ist demgemäß in eine Linie mit jenen Handlungen zu stellen, zu
denen der Bischof durch den Gedanken an seinen bevorstehenden Hingang
veranlaßt wurde, und zu welchen er sich, wie wir vernahmen, auch teilweise
die Unterstützung seines kaiserlichen Herrn erbat.
Aller Wahrscheinlichkeit nach war Slatkonia als Vorstand der Hof-
kapelle, die den Kaiser in der Regel auf seinen Reisen begleiteteßff im Oktober
I5r8 in Kaufbeuren mit anwesend. Wenn nun der Monarch zur nämlichen
Zeit, da er dem Bischof in einem eigenen Privileg weitgehende Rechte
für seine letztwilligen Anordnungen einräumte, die Mittel für eine Tafel auf
dem vorderen Altar der I-Iietzinger Kapelle bewilligte, eben jener Kirche,
deren Patronat er Slatkonia im Vorjahre selber verliehen und um deren
Besitz der Bischof seitdem einen erbitterten Kampf führte, so gewinnt man
den Eindruck, daß hier nicht so sehr ein Gnadenakt des Kaisers gegenüber
der bei seiner Familie von altersher in Ansehen stehenden Kapelle, als viel-
mehr gegenüber der Person des verdienten Kirchenfürsten als deren Patronats-
herrn vorliegt, dem Maximilian durch die Schenkung des Bildes vielleicht
eine Entschädigung für die Aufregungen des Prozesses um das Gotteshaus
bieten oder überhaupt eine letzte Freude bereiten wollte, denn auch der
Kaiser stand ja damals schon mit einem Fuß im Grabe.
Man wird also, glaube ich, nicht mit Unrecht eine Parallele zwischen
dem Hietzinger respektive Straßburger Gemälde und der Urkunde vom
4. Oktober ziehen können. Denn wie der Kaiser in dem einen Falle dem
Bischof durch jenes Privileg das Scheiden von dieser Welt leicht machte, so
ebnete er ihm auf dem „Tod der Maria" in symbolischer Weise den
Weg ins Jenseits, indem er das Amt seines Fürsprechers bei der himmlischen
Jungfrau übernahm. Und von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, wird
man nun auch leicht verstehen, warum Slatkonia auf dem Straßburger Bild
als Hauptperson behandelt ist. Die Tafel bedeutete eben nicht nur eine
1' Vgl. Camesina in den Berichten und Minheilungen des Alterthums-Vereines zu Wien, Band XI
(1870), pag. 25g.
4"" Beispiele derartiger Bilder besitzen wir in der Grabtafel des Bischofs Ludwig lI. Ebner von Chiemsee
im Stifte Klostemeuburg (gemalt 1516, abgebildet bei Drexler-List, Tafelbilder aus dem Museum des Stiftes
Klosxerneuburg, Tafel XXVI, Text pag. n f), oder in dem Gedächtnisbild des Alexius Funck im Schlosse
Greifenstein (gemalt um 1522, siehe Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k. k. Zentralkomrnission, Band IV, Jahr-
gang 19m, Beiblatt, Spalte x81).
f" Vgl. Manruani in der Geschichte der Stadt Wien, herausgegeben vom Altertumsverein zu Wien,
lll. Band, r. Hälfte, pag. 37g f. und 385.