geriebenen Geschäftsleute schon bei der Übernahme der Waren anscheinend
übers Ohr gehauen hatten, so beängstigte ihn besonders Weigl, über den
später immer wieder geklagt wird, durch „Animosität" und „I-Ierrschsucht",
so daß Känel, wie seine Witwe in einem Gesuch um Verlängerung des
Privilegiums später klagt, „endlich bey der Übermacht von Gram und
Kummer unterliegen musste".
Am 28. Jänner 1771 hatte sich sein Schicksal erfüllt. Es blieben außer
der Witwe, die noch ihre alte Mutter bei sich hatte, zwei Kinder: ein älterer
Sohn, Markus, und eine jüngere Tochter, Rosina.
Känel starb auffälligerweise, ohne ein Testament zu hinterlassen,
trotzdem er offenbar schon längere Zeit siechte, hören wir doch, daß
seine Gattin schon während des kränklichen Zustandes ihres Gatten
die Leitung übernommen hatte. Nach dem Gesellschaftsvertrage
verblieb ihr wohl ein Viertelanteil an der Fabrik; bei der Abrechnung
mit Schultz ergaben sich aber neuerlich Verluste. So mußte sich die
Witwe mehr als 10.000 H. Schulden, zu fünf Prozent verzinslich, aufbürden
lassen.
Auf Salliets Anraten ehelichte sie nun am 20. September 1772 den
gelernten Bandmacher Johann Wilhelm Sanguin und trat ihm ihren Viertel-
anteil an der Fabrik ab. Für den Fall der Wiederverehelichung der Witwe
eines Teilhabers war zwar schon im Gesellschaftsvertrage Vorsorge
getroffen; doch machte Weigl Schwierigkeiten, Sanguin als „Associe" anzu-
erkennen. Endlich im Februar 1773 wurde dieser den Angestellten aber
doch als vierter Teilhaber vorgestellt.
Von Sanguins früherem Leben wissen wir nur, daß er aus Stuttgart
stammte und bis zum Mai 176g durch sechzehn Jahre „zu vollkommenster
Genugtuung seiner Principale" in einer der größten Seidenbandfabriken der
Schweiz, der von Franz Sarasini, in Tätigkeit war. Er beruft sich später
darauf, daß Kaiser Josef II. (im Jahre 1777) diese Fabrik besucht habe und
der Kupferstecher Christian von Mechel, der damals in des Kaisers Gefolge
war, ihn kenne." _
Dann hören wir, daß Sanguin die Botzenhardische Seidenbandfabrik
zu Klosterneuburg bei Wien errichtet und durch drei Jahre „dirig-iret",
Neue Herren Socii ihm vorschreiben werden, was für waaren Er fabricieren lassen - dieser anzuzeigen schuldig
und gehalten seyn soll, auf welchen articula der beste und geschwindeste Nutzen anzuhoiien sey."
Salliet und Weigel trugen je 50.000 B. bei; Schultz beließ von seiner Anlage ebensoviel. Känel konnte
kein Kapital, aber seine Arbeitskraft einsetzen. Er wurde Leiter der Fabrik; dagegen übernahmen Weigel und
Salliet den Verschleiß, während Schult: weiter stiller Teilhaber geblieben zu sein scheint. Der Gewinn sollte
in vier gleiche Teile geteilt werden.
Sehr ungünstig waren für Känel schon die Bedingungen, unter denen die Neueincretenden die Bestände
(„Seiden-, Zwilch- und Florettbänder") übernahmen. Nach späteren Darstellungen hatte das Vorhandene einen
Wert von 70.000 5.; doch rechneten sich die Übemehmenden zwanzig vom Hundert als Rabatt, von einem
weiteren Konto sogar 45 vom Hundert. So entstand für Känel ein Kapitalsverlust von 30.000 H. Aber auch
damit war es noch nicht genug.
" Sanguin wird gewöhnlich so, aber auch Sanquin oder Sanqvin geschrieben. - Christian von Mechel
stammte übrigens aus Basel; dort lernte ihn Kaiser Josef II. eben bei jener Reise kennen und gewann ihn Rlr
Wien, wo er den Katalog der Kaiserlichen Gemäldesamrnlung verfaßte.