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DAS STEIRISCHE GOLDSCHMIEDEHAND-
WERK BIS INS XIX. JAHRHUNDERT (11.) se-
VON JOSEF JOOS-WIENM-
ER Besprechung des steirischen Goldschmiedehand-
werks des XVIII. Jahrhunderts sollen einige Mit-
teilungen über die ersten bekannten, durch un-
glückliche Kriege verursachten, vom Staate an-
befohlenen Einziehungen von Gold- und Silber-
geräten behufs Gewinnung von Edelmetallen für
die Ausmünzung vorausgeschickt werden. Die
ersten diesbezüglichen Aktionen richteten sich
nur gegen die Kirchenkleinodienf
Nach der unglücklichen Schlacht bei Mohacs
befahl Kaiser Ferdinand I. infolge der immer
größer werdenden Türkennot zuerst nur für Österreich und am 12. Sep-
tember 1526 auch für Steiermark die Beschreibung und Ablieferung aller
Kirchengeräte in Städten, Märkten, Dörfern, Domstiften, Probsteien und so
weiter. Von den Kirchenschätzen mußten genaue lnventare angefertigt, die
Kleinodien im Schlosse zu Graz abgeliefert und den einzelnen Gotteshäusern
eine „gebührliche Empfangsbestätigung" verabfolgt werden. Als Zweck der
Maßregel wurde angegeben, daß die Kleinodien vor den Türken gerettet
und nur irn äußersten Notfalle für die Bedürfnisse der Landesverteidigung
verwendet werden sollten. Unter den abgegebenen Kirchenschätzen befanden
sich solche von hohem Kunstwerte. Nach der Rottenmanner Chronik lieferte
das dortige Kloster unter anderen Kirchenschätzen eine Monstranz im
Metallwert von 16 Mark ab, deren Macherlohn den für jene Zeit hohen
Betrag von 70H gekostet hatte. Von der „Matthäi Pfarrkirche in Murau"
wurden sechs silberne, vergoldete Kelche, ein silbernes Marienbild, „daran
Haar und Kleidung vergoldet", ein silbernes Barbarabild, eine silberne
Rauchkapsel, drei vergoldete Kreuze und drei kleine silberne Monstranzen,
von der St. Anna-Kirche ein Kelch mit Patena und ebenso von dem Spital
ein Kelch mit Patena, alles zusammen im Gewichte von 22 Mark 6 Lot ab-
geführt. Nach Wichners Mitteilungen opferte die Kirche zu St. Michael damals
eine silberne Monstranz, zwei silberne Bildnisse der heiligen Maria und
Walpurgis, zwei Patenen und drei Kelche im Gesamtgewichte von n Mark
8 Lot; Mautern mußte eine Monstranz und einen Kelch samt Patena ab-
geben. Der Ertrag dieser als Zwangsdarlehen anzusehenden Aktion betrug
63.451 3' 4 ß 8 A}, (etwa 120.000 8.). Eine Rückzahlung ist niemals erfolgt,
obwohl Kaiser Ferdinand I. versprochen hatte, in friedlicheren Zeitläufen das
Ganze zu ersetzen.
i: Siehe „Forschungen zur Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Steiermark", herausgegeben von
der historischen Landeskommission für Steiermark, 3. Heft 19:2, „Das Kirchengut in Steiennark im XVI. und
XVII. Jahrhundert" von Loserth.
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