weiter zwei künstlerisch sehr wertvolle monumentale Grabdenkmäler aus
Stein und Erz, deren Erfindung und Ausführung auf Reichel als Urheber
hinweisen dürfte, nämlich das Hochgrab des Kardinals Philipp Wilhelm
(gestorben 1598) im Dom zu Regensburg, das Herzog Maximilian von
Bayern seinem Bruder angeblich 1611 setzen ließff und das große Wand-
grab des Fürstbischofs Konrad von Gemmingen (gestorben 1612) im Dom
zu Eichstätt. Beide, viel zu wenig beachtete Monumente werden, wie fast
alle die anonymen Gußwerke dieser Epoche in Bayern, in Ermanglung
anderer Namen meist dem Münchner Hofmaler Pieter Candid oder dem
Bossierer und I-lotbaumeister Hans Krumper zugeschrieben. jedes repräsen-
tiert einen in der Zeit und in Bayern ungewohnten Typus des Grabmals,
der sofort in hoher Vollendung auftritt.
Das wahrhaft pompöse Regensburger Denkmal (Abb. I0) überrascht
durch die wirkungsvolle Aufstellung mitten unter dem hohen gotischen
Gewölbe des I-Iauptschiffes. Auf einer einfach gehaltenen Tumba aus rotem
Marmor kniet der jugendliche Kardinal nach Art französisch-niederländi-
scher Prieur-Figuren vor einem hochragenden Kreuz. Der an diesem
Kreuz hängende, wohl lebensgroße Bronzecrucifixus aber ist - was noch
nicht beobachtet wurde - wiederum eine ganz vorzügliche Wiederholung
des Bolognaschen in der Annunziata, gleich dem der Michaelskirche
von etwa 1594. Nach meiner Untersuchung stimmt er auch in Einzelheiten,
wie den Falten des Schurzes, genau mit beiden Bronzen überein. Deutet
schon dieser Umstand auf Reichel, so glauben wir, seinen Stil in der
äußerst geschickten Behandlung" des Gewandes, namentlich in der Art,
wie der Mantel sich unten ausbreitet, wiederzuerkennen. Die reizenden
Engelknaben mit Stab und Mitra, die neben dem üppig dekorierten Wappen
an der Vorderseite der Tumba stehen (Abb. n), erinnern stark an die Kind-
lein des Zeughauses, des Merkschen Wappens und des Taufbeckens in
St. Ulrich.
Über das Grabmal im Eichstätter Dom (Abb. 12) ist nichts weiter über-
liefert, als daß nach der Inschrift die Errichtung durch den Nachfolger des
1612 verstorbenen Bischofs erfolgte. Dieser, ]ohann Konrad von Gemmingen,
ein prachtliebender Kirchenfürst, hatte seinen Bedarf an Kunstwerken fast
nur aus Augsburg bezogen. Elias I-Ioll, dessen Bauten Reichel so oft mit
seinen Bronzen schmücken mußte, erbaute ihm ein mächtiges, erst 1619
vollendetes Schloß, die Willibaldsburg. Auch dieses Grabmal verrät in
seiner Anlage eine stark ausgeprägte architektonisch-dekorative Begabung.
hier auch der später als Elfenbeinkünstler berühmte Georg Petel seine Sporen als Bildhauer verdient hat:
„Teutscbe Akademie", Seite 342. Nach Friesenegger (a. a. 0., Seite 1B) rühren vermutlich die zum Teil vor-
trefflichen t: Apostel mit Christus aus gebranntem Ton, die auf dem Gitter der Andreaskapelle stehen, gleich-
falls aus dieser Zeit her. Docb wage ich einstweilen noch nicht, sie Reichel zuzuschreiben.
" Nach einer unkontrollierbaren Angabe K. Heigels soll in einem Akt über die Stiftung eines jahres-
tages filr Philipp Wilhelm die Nachricht stehen, daß Hans Krumper Kruzifix und Porträtstatue gefertigt und
selbst im Dom aufgestellt habe: „Zeitschrift des bayrischen Kunstgewerbevereines", 42 (1893), Seite 44. Ohne
hier die sehr umstrittene Frage nach der künstlerischen Bedeutung Krumpers aufzurollen, sei nur soviel
gesagt, daß nach der Qualität der wenigen beglaubigten plastischen Arbeiten Krurnpers dieser nicht als der
Künstler des Grabmals gelten kann, wohl aber ist möglich, daß er die Aufstellung geleitet hat;