nah
Allegorien der Todsünden und Tugenden, die Szenen aus der Geschichte
des Paulus, des Erzvaters Abraham, des Tobias und Josua, auf Entwürfe von
Barend van Orley und Pieter Coecke van Aelst zurückgehend, entrollen ein
markantes Bild von dem Können und den künstlerischen Absichten der
niederländischen Renaissancekünstler und Kartonniers. Eigenartige Dar-
stellungen aus der zeitgenössischen Geschichte und solche mit Schäfer-
spielen erweitern das Bild von den Darstellungsgebieten damaliger Gobelin-
kunst. Von besonderer Kraft des Ausdrucks ist der Abraham-Zyklus, der bei
ungemein klarer Erzählung die alttestamentarischen Geschichten ins Über-
menschliche, Mythische steigert. Dieser großartigen Gestaltungsweise ent-
Der Tod des Adonis, nach Primaliccio, Fontainebleau. XVI. Jahrhundert
spricht die im Grunde einfache Farbengebung ebensosehr wie die geistvolle
Behandlung der auf den Inhalt der einzelnen Teppiche bezüglichen Bor-
düren. Man wird der ungeheueren schöpferischen Kraft, die in der damaligen
Brüsseler Gobelinkunst zum Ausdruck kam, bewußt, wenn man sich vor-
stellt, daß dieser gewaltige Abraham-Zyklus zehn Darstellungen umfaßt,
ähnliche Zyklen annähernd die gleiche Anzahl von Stücken aufweisen und
es erscheint als eine verlockende Aufgabe, den künstlerischen, wirtschaft-
lichen und technischen Bedingungen dieser die Fresken Italiens ersetzenden
Monumentalleistungen nachzugehen. Bei den meisten niederländischen
Arbeiten spielt in der Farbengebung das schimmernde Gold eine große
Rolle, das nicht bloß eingewirkt, sondern stellenweise auch eingestickt
erscheint. Zu welch feiner koloristischer Wirkung dieses Gold in Verbindung
mit gelber Seide und anderen zarten Farben gebracht werden kann, zeigt der