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die Wiener Kunstbronzeindustrie,
aber schon Maria Theresia und
Kaunitz hatten ein Menschenalter
früher erkannt, daß man junge
Leute nach Paris schicken müsse,
um Feuervergoldung und Ziselieren
zu lernen. An Gold- und Silber-
schmieden und Juwelieren gab es
1823 in Wien 317 Meister, doppelt
so viele als heute. Der Handel mit
geschnittenen Steinen wurde von
hier aus über alle Erbländer und
nach Italien, Polen, Rußland und
der Türkei betrieben. 1813 gab es
in Wien sechs Tapetenfabriken,
welche ihre Erzeugnisse weithin
verbreiteten, heute besitzt Deutsch-
Österreich nur eine. 1823 hatte
Wien 400 Kunsttischler, darunter
die altberühmte Werkstatt Dan-
hausers, sie exportierten nicht nur
nach Ungarn, Galizien, Rußland,
sondern auch nach Norddeutsch-
land und sogar nach Frankreich.
Die Wiener .Tapeziererarbeiten
gingen nach der Moldau und Wa-
lachei. Immer bestand, der geographischen Lage und den Verkehrsadern
Österreichs entsprechend, eine wirtschaftliche Orientierung, die nicht nur
nach Westen und Norden, sondern auch nach Osten und Süden führte.
Gerade darin beruhte die geschichtliche Mission der Ostmark, die geistige
und wirtschaftliche Brückenstellung Wiens.
Die kapitalistische Entwicklung des XIX. Jahrhunderts, die ungeheure
Vermehrung des Geldbesitzes, Städteentwicklung, Hebung des Verkehrs,
fortschreitende Industrialisierung und Mechanisierung der Arbeit hat den
Großbetrieb kunstgewerblichen SchaHens außerordentlich gesteigert, aber
seinen Zusammenhang mit dem Handwerklich-Künstlerischen und der leben-
digen Quelle des Volkstümlichen gelockert und vielfach zerstört. Die Zahl
der Werkstätten und der Arbeiter ist gewaltig gestiegen, aber die Welt-
konkurrenz hat viele Erschütterungen mit sich gebracht, vor allem in der
Zeit, in welcher man auch bei uns die persönliche Eigenart aufgegeben und
sein Heil in dem Versuche einer Massenproduktion erblickt hatte. Umkehr
und Einkehr im alten I-Iandwerkergeiste unter der Führung starker künst-
lerischer Persönlichkeiten, trefflicher Schulen mit Hilfe des Staates und mit
Rücksicht auf die handelspolitischen Verhältnisse hatten wie in alter Zeit
Kunstschau 192a. Luster, Entwurf von Dagoben Peche,
ausgeführt von der Wiener Werkstätte