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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
8. Jahrgang. Wien, 15. Februar 1916. Nr. 4.
Lagergeld,
Pie Münzliteratur kennt, den Begriff noch nicht,
was nicht weiter wundernehmen wird, wenn man hört,
daß das Lagergeld ein Kind des gegenwärtigen Krieges
ist, der freilich nicht in dieser Richtung allein die
Phantasie schöpferisch belebt hat. Einen Vorläufer
hat das Lagergeld indes in dem Notgeld, zu dem
Fig. l.
schon in früheren Zeitläufen gegriffen werden mußte.
Ist dies aber, wie der Name schon besagt, ein in der
Not geschaffenes Geld, bestimmt, einem entstandenen
Mangel an Münzen oder Papiergeld abzuhelfen, so
ist das Lagergeld nicht a,us der gleichen Notwendigkeit
hervorgegangen. Es ist kein Notgeld in numismati
schem Sinne, sondern ein klug ersonnenes Auskunfts-
mittcl, um den Kriegsgefangenen in den Konzentra
tionslagern ein Zahlmittel in die Hand zu geben, das
bei vollem Geldeswert doch kein kurantes Geld ist.
Außerhalb des Lagers hat es nämlich keine Gültigkeit.
Der Kriegsgefangene erhält, wo Lagergeld schon
besteht, von dem Lagerkommando kein anderes, als
das von diesem ausgegebene Geld: er kann damit,
schalten xmd walten, wie er will, kann sich damit
kaufen, was sein Herz begehrt, aber nur immer inner
halb des Lagers: der Gewerbsmann, der Restaurateur
nimmt das Geld, zum vollen Nominalwert und kann
es selbstverständlich bei der Lagerkasse gegen das
kurante Geld eintauschen. Nicht so der Gefangene,
der erst Anspruch auf die Einwechslung beim seiner-
zeitigen Verlassen des Lagers hat.
Solches Lagergeld liegt bisher von folgenden Ge
fangenenlagern in Österreich-Ungarn vor:
Aschach (Oberösterreich). Ausschließlich Papier
geld, und zwar doppelseitig bedrucktes. Werte zu
1, 2, 10, 20 und 50 Hellern, 1,2 und 5 Kronen. Der
Text der]Noten lautet: K. u. E k. Kriegsgefangenenlager
in Aschach a. D. I Heller Lagergeld. Lausky, Ober
leutnant, Verwaltungsoffizier, Berger, GM., Lager
kommandant. Oberhalb der Aufschrift befindet sich
der Doppeladler, unterhalb ist die Druckfirma Haas
& Comp., Steyr, angebracht.
Braunau am Trm (OberÖsterreich). Durchlochte
Münzen in Metall zu 1, 2, 10, 20 und 50 Hellern (Avers
Wertbezeichnung, z. B. 10 Heller, Revers K. G. S.
Braunau a. Inn). Papiergeld zu 1 und 2 Kronen. Der
Text lautet: Gutschein Nr. . . . Eine Krone, gültig
nur für das Kriegsgefangenenlager Braunau am Inn,
am 1. Oktober 1915. Ing. B. Hedrich, Oberleutnant,
Vorstand der Rechnungskanzlei, Packeny, GM., Lager
kommando. Auch diese Noten sind beiderseitig bedruckt,
doch findet sich auf einer Seite eine Gutscheinnummer.
Eine Reproduktion dieser besonders schön ausge
fallenen Scheine bietet Fig. 1.
Freistadt (Oberösterreich). Metallmünzen zu 1, 10,
20 und 50 Hellern. (Avers, Fig. 2, Wertbezeichnung
innerhalb eines Quadrats, das von einem Kranz um-