69
was aber, da man an das Material, das gerade der Zufall bot, gebunden
war, nur höchst unvollständig und ungleichmässig gelang. Denn neben
wirklich Vortrefflichem, wie den Waden aus dem 16. Jahrhundert (Eigen-
thum des Kunsthändlers Spitzer) und den zwei schönen Broncekan-
delabern (aus der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts), die einst den
Eingang von S. Marco in Mailand zierten, war vieles, wie Glas, Thon-
bildnerei, Goldschmiedekunst nur wenig genügend vertreten, Miniatur-
malerei, Niello und gar manches andere fehlte ganz. Dass vieles von
nicht italienischem Ursprunge da. war, konnte dafür nicht entschädigen.
Die antiken Broncen und Vasen waren im Ganzen ebenfalls ziemlich un-
bedeutend.
Der Gesammteindruck dieses Theiles der italienischen Ausstellung
entsprach dem Ursprunge: es sah hier bunt und zusammengewürfelt aus,
wie in dem Laden eines Antiquare. Der Kirchenstaat hatte so gut wie
nichts für die Histoire du travail gethan, ausser der Erlaubniss, einige
Bilder mit grossen Namen an eine Wand zu hängen, der diese seinsol-
lenden Kunstwerke aber keineswegs zur besonderen Zierde dienten.
Angrenzend an den Kirchenstaat hatte die rumänische Regierung
eine Anzahl interessanter Objecte ausgestellt, vor Allem hervorragend den
sogenannten „Schatz von Petrossaß. Es sind dies etwa fünfzehn Gegen-
stände, wie Schüsseln, Kannen, Spangen etc. von massivem Golda, die
im Jahre 1837 in Petrossa bei Buzeo gefunden wurden jund durch ihre
mit grosscr Wahrscheinlichkeit in's ü. Jahrhundert zu setzende Entstehungs-
zeit von huher kunstgeschichtlicher Bedeutung werden. Der reiche figu-
ralische Schmuck, mit dem besonders die eine Schüssel geziert ist, zeigt
bei noch frisch erhaltenen antiken Traditionen schon auffallend kurze
Proportionen der menschlichen Gestalten und in Folge noch verschiedener
anderer Anzeichen glaubt man darin ein Werk der Gothcn in Dacien zu
erblicken. Eine Reihe anderer Goldschmiedearbeiten, zum Theile aus
sehr später Zeit (16. und 17. Jahrhundert), jedoch noch vollständig im
Kunststyle des Mittelalters, gewährte neben den Webereien, Manuscripten
und Malereien eine gute Anschauung der aus orientalischen, byzantinischen
und slawischen Elementen gemischten Kunstweise Rumäniens.
Die Rue d'Afrique quer durchschreitend gelangen wir nun in eine
Abtheilung, deren praktisch eingerichtete Glasschränke, die eine allseitige
Besichtigung der Objecte gestatten, deren mit Teppichen belegter Boden
und die ganze comfortable Einrichtung des gut benützten Raumes uns,
auch wenn wir die Aufschrift übersehen hätten, leicht erkennen liesse,
dass wir uns in „Englanrl" befinden. Gegenstände aus edlen Metallen
bildeten die Mehrzahl des Ausgestellten, eine Concession, die man wie in
vielen andern Abtheilungen der Schaulust gemacht hatte, doch waren
namentlich die Goldschmiedearbeiten aus der Zeit vor dem 18. Jahr-
hundert achon durch die Seltenheit ihres Vorkommens ausserhalb Eng-