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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1869 / 47)

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nisse, welche die antiken Arbeiten selbst um.ihres Geschmackes, ihrer 
Feinheit und sonstiger Beschaifenheit willen der Nachahmung entgegen- 
stellen. 
Die moderne Goldschmiedekunst, die mit dem Cinquecento einen 
neuen Aufschwung genommen, hatte sich in doppelter Weise von der 
antiken entfernt, technisch und formell. Die wunderbaren Schmuckgegen- 
stände, welche die etrnskischen und indisch-griechischen Gräber enthüllt 
haben, hatten damals noch nicht (zum zweiten Male) das Licht der Welt 
erblickt, und so lagen den Künstlern des Cinquecento von dieser Art 
keine elassischen Muster vor, wie den Bildhauern oder Architekten. Sie 
verfuhren daher in Formen und Ideen selbstständig und unabhängig; sie 
gebrauchten aber auch andere Werkzeuge, andere Methoden, andere Ver- 
zierungsweisen, wie sie z. B. das Email in einer nach Art und Grad den 
Alten ganz unbekannten Weise zur Goldschmiedekunst herbeizogen. 
Aber diese Cinquecentisten hatten wenigstens etwas gekonnt; sie 
waren vielseitige und überaus geschickte Künstler gewesen, während in 
den nachfolgenden Jahrhunderten die Goldschmiedekunst tiefer und tiefer 
sank, an Ideen verlor, in den Formen verwilderte, in der Technik sich 
verschlechterte und manche Verfahrungsweise ganz verlernte. Die schlechte, 
nüchterne Art, wie die französische Revolution und das Kaiserreich epi- 
sodenmässig die Antike in Mode brachten, konnte den Verfall nicht auf- 
halten. Als man von dieser Art Antike genug hatte, wurde die Gold- 
schmiedekunst ganz der Laune und Mode unterworfen, auf die man specu- 
lirte: sie hörte auf eine Kunst zu sein. 
Da kam im Anfange dieses Jahrhunderts zuerst ein Neapolitaner 
Goldschmied, Namens Sarno, unterstützt von den Archäologen seines 
Landes und begünstigt durch die reichen Ausgrabungen und Sammlungen, 
auf den Gedanken, die antiken Goldarbeiten in ächterer Weise als bisher 
geschehen zu imitiren. Er schien auch Anfangs Erfolg zu haben, aber 
man weiss nicht wie, da Geschäft löste sich auf und die Arbeiter setzten 
das Erlernte nur insofern fort, als sie Fälschungen machten, welche in 
Neapel zu einigem Rufe gelangten, für die Wiederbelebung der Kunst 
aber ganz gleichgültig waren. 
So waren es vom künstlerischen Standpunkt die traurigsten Zeiten 
der Goldschmiedekunst, unter denen der junge Fortunato Pio Castel- 
lani 1814 zu Rom seine Werkstätte eröffnete. Natürlich begann er wie 
alle anderen damals mit der Nachahmung der französischen und englischen 
Schmuckgegenstände. Er fand aber bald, dass er diese im Punkt der 
Arbeit übertraf, und die bisherige Weise wurde ihm zu eng und zu be- 
schränkt. Da warf er sich zuerst auf die Chemie, um mit ihrer Hilfe 
seine Kunst zu erweitern. In seinen Untersuchungen vom römischen Uni- 
versitiitsprofessor Morchini geleitet und vom Abhe Feliciano Scarpel-
	        
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