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„Das köstlichste Gefäss zur Aufnahme des gewürzten Weines zum Ge-
brauche beim Opfer ist das Getäss genannt Huaübmu, d. h. „gelbe Augen"
In der That, das Gelb ist die Farbe der Erde, die der Mittelpunkt der
Welt ist, und die Augen sind das Klarste und Glänzendste das es gibt,
und man kann daher sagen, dass jenes Gefstss in seinem Innern den
Wein enthält und an seinem Aeussern die Reinheit und den Glanz aus-
strahlt." (Li-ki Cap. X.)
Ich hatte häulig schon Gelegenheit, „gelbe Augen" auf Emailvasen
zu finden. Einem Commentar des Li-ki zufolge sollen sie die Augen der
Schildkröte darstellen, die von Natur aus diese Farbe haben.
Unter den Fabelgeschöpfen, in deren Erfindung die Chinesen viel-
leicht das Ahstruseste leisten, das die menschliche Phantasie auszubriiten
im Stande ist, nimmt der „Drache" die erste und vornehmste Stelle ein.
Im Allgemeinen darf ich ihn als meinen Lesern wohlbekannt voraus-
setzen, und nur der Vollständigkeit halber wollen wir ein wenig näher
auf seine Naturgeschichte eingehen. Er hat nach nauthentischer" Beschrei-
bung den Kopf eines Chamäleon} die Hörner eines Hirschen, die Ohren
eines Ochsen, den Schweif einer, Schlange, die Krallen eines Adlers und
die Schuppen eines Fisches. Diese Schilderung entspricht auch so ziem-
lich seinen vielen Porträts, die sich auf Porcellan- und Mctallarheiten,
Webereien und Stickereien, Emailen und Gemälden finden. Ganz im Ge-
gensatz zu der europaischemVorstellung von der Sippe der Drachen und
Lindwürmer, die immer mit dem bösen Principe in verwandter Beziehung
stehen, ist der chinesische Drache "Lang" das Sinnbild der höchsten
Weisheit und Macht, und daher das Abzeichen der Qualität des Herr-
schers. Der chinesische Drache ist der Bewohner der Luft und der
Wolken, er ist der Genius der Berge und des Regens, es wird also auch
das Element des Wassers durch ihn dargestellt. In diesen verschiedenen
Eigenschaften führt er verschiedene Namen, wie als Herrscher der Wolken
Long, als Herrscher der Berge Kau, als Herrscher der Wässer Li etc.,
doch diese verschiedenen Qualificationen sind nicht der einzige Einthei-
lungsmodus seines Geschlechtes, er ist Repräsentant des Kaisers und der
höheren Ständeclassen des Reiches. Nach den verschiedenen Kategorien
der Rangordnungen, deren Wappenthier er ist, wechselt die Zahl seiner
Krallen. So hat der Drache des Kaisers fünf, der der Prinzen vier und
jener der Mandarinen drei Klauen. Der japanische Drache ist stets nur
mit drei Klauen bewaffnet; hier hat es auch ehemals in der alten Kami-
Religion einen eigenen Cultus des Drachen gegeben, was in China nie
der Fall war. Zur Charakterisirung der mythologischen Stellung des
Drachen möge noch angedeutet sein, dass der erste Mensch, der chine-
sische Adam, eigentlich der Sonderer des Chaos, Pan-ku, als Mittelwesen
zwischen Mensch und Drache gedacht wird.
Dem Drachen zunächst an Ansehen und Bedeutung steht der sagen-