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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VII (1872 / 87)

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Vorlesungen In lluuun. 
- Wie in den früheren Jahren seit dem Bestand: der Anstalt, eröffnete auch in diesem 
Ilerbste am 24. October den diesjährigen Cyklus der Museums-Vorlesungen der Director, 
Hofrath v. Eitelberger. Nach einem kurzen Rückblicke auf die Entwicklung der Inter- 
essen des Museums im ablaufenden Jahre, wobei insbesondere des steigenden Besuches 
der Anstalt, der erfolgten Versendung von Reproductionen des Museums an sechzig in- 
und ausländische Anstalten, der Erötfnung einer Lehrkanzel für Kunstgeschichte und eines 
neuen Curses zur Hemnbildung von Zeichenlehrern für Volks- und Mittelschulen an der 
Kunstgewerbeschule erwähnt wurde. ging der Redner auf das für den Vortrag gewählte 
Thema über: wDie Akademien in ihrer historischen Entwickelung- Zunächst wurde hiebei 
der in Italien im sechzehnten Jahrhundert begründeten Akademien, insbesondere der von den 
CaraccPs begründeten gedacht, welche eine Kunstgenossenschaft im höheren Sinne des 
Wortes, ein Verein zur Förderung der höchsten Interessen der Kunst gewesen war; im 
Gegensatze waren die französischen Akademien zunächst Staatsanstalten, mit dem ganzen 
akad. Apparate, und als solche zugleich Vereinigungen zur Hebung der Interessen der Be- 
theiligten. und die Vertreter der Kunst hatten in denselben auch noch nach der definitiven 
Constituirung und Genehmigung der königlichen Akademie der schönen Künste in Paris 
als Staatsinstitut durch Ludwig den Vierzehnten (im Jahre 1648), ja bis gegen Ende des 
achtzehnten Jahrhunderts (1777) mit den der Akademie beigemengten handwerklichen Ele- 
menten zu kümpfen. Für Deutschland war der Einfluss der französischen Akademie fast 
ein grbsserer als jener der italienischen. Was speziell die kViener Akademie betrifft, so 
stammt ihre Errichtung von Kaiser Leopold I. (1704) und Joseph I. (1705) her. Die 
geringe Bedeutung, die dem Eindusse der Hochschule der Kunst auf das Leben beigemessen 
wurde, geht schon aus dem Umstande hervor, dass dieselbe, eines eigenen Gebäudes ent- 
behrend, fast beständig auf der Wanderung war; vom Schönbrunnerhause, wo sie eröffnet 
wurde, in ein Nebenlocale der kaiserlichen Hofbibliothek, dann in das Stallgebaude, dann 
wieder in die Hofbibliothek, bis ihr endlich Kaiser Joseph II. im Jahre 1786 das St. Anna- 
Gebaude eingeräumt hat, wo sie, unfähig, sich auszubreiten und zu entwickeln. schlecht 
und recht bis jetzt nuntergebracht- blieb. Das neue würdige Gebäude, das ihr gegen- 
wärtig auf den Stadterweiterungs-Gründen errichtet wird, wird es ihr möglich machen, 
jene Entwicklung zu finden, für welche das neue Statut ihr die Bahn und die Ziele vor- 
gezeichnet hat. Auf die wesentlichsten Bestimmungen dieses neuen Statutes in streng 
objectiver Besprechung übergehend, hob der Redner zunächst hervor, dass die Akademie 
eine Hochschule der grossen Kunst sein soll, befreit von Allem, was sie entweder auf 
eine niedrigere Stufe herahdrückt oder zwingen würde. gleichzeitig einem zweiten Zwecke 
zu dienen. In ähnlicher Richtung hatte sich bereits 1847 Franz Kugler') ausgesprochen. 
Der Bestand der Kunstgewerbeschule sei in dieser Beziehung von wohlthätigster Rück- 
wirkung auf die Akademie, die er der Verpflichtung entlastet, für die künstlerischen Be- 
dürfnisse der Industrie Rirzusorgen. Als ein zweiter Punkt von grösstem Belange in dem 
neuen Statute wird die in demselben betonte Pfiege der Hilfswissenschaften der Kunst 
und das Bestreben bezeichnet, die Schüler der Akademie auf ein höheres Niveau wissen- 
schaftlicher Bildung zu erheben. Dies sei um so nothwendiger, als zu keiner Zeit die 
wissenschaftliche und technische Fachbildung der Künstler so tief gestanden ist, als es 
(nicht blos in Oesterreich, auch in Deutschland und darüber hinaus) in der Gegenwart der 
Fall ist. Damit hängt auch der dritte Punkt zusammen, die Stellung höherer Anforderungen 
in Beziehung auf die Aufnalyne von Schülern in die Akademie. Der vierte Punkt, den 
Sprecher aus dem Statute lfervorhob, betraf die Errichtung von Künstler, insbesondere 
Bildhauer-Ateliers, welche, für die Entwicklung der Kunst so überaus nothwendig, bisher 
in Wien von staatswegen gar nicht beschallen worden waren; schon gegenwärtig werden 
solche Ateliers errichtet und das neue Gebäude der Akademie werde diesem Bedürfnisse 
in geeigneter Weise abhelfen. Um die Akademie mit dem Leben in nähere Verbindung 
zu bringen, nimmt das neue Statut auch die akademischen Kunstausstellungen wieder auf, 
welche dazu dienen sollen, das Gefühl der Zusammengehörigkeit der österreichischen 
Künstler in den verschiedenen Theilen des Reiches wieder zu wecken und zu nähren. 
Der Redner schloss mit der Bemerkung, dass übrigens die Reform der Akademie nur einen 
verhaltnissmassig geringeren Einfluss auf die Hebung der Kunst zu üben vermoge, wenn 
nicht auch die Kunstbestrebungen ausserhalb der Akademie wieder von einem idealen 
') Von der Berliner Akademie sprechend sagt F. K. wUeber die Kunst als Gegen- 
stand der Staatsverwaltung- p. 15: nBei einer Reorganisation dieser Anstalt wird es vor- 
nehmlich darauf ankommen, dass Einrichtungen getrolfen werden, um Alles nicht die reine 
Kunst Berührende vnn der Schule bestimmt auszuscheiden, sie dagegen nach allen Gesichts- 
punkten ihrer eigenthümlichen Bestimmung vollkommen auszurunden, und ihre Zöglinge 
zu freier künstlerischer Meisterschah emporzufnhrenw
	        
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