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Bestreben, von edlerem Geiste man: werden. Diesführt zu dem mit jenem der ersten
nahe zusammenhängenden Themader naclisten Vorlesung, i-uber die Ursachen des Ver-
falles der grossen Kunst in der Malerei". .
In der Donnerstags-Vorlesung vom 30. October sprach Director v. Eitelberger
aüber die Ursachen des Verfalls der grossen Kunst (oder des grosseu Styles) in .der Malerei-t.
Der Vortragende beganiiseine Betrachtungen mit der Bemerkung, dass es ihm nicht im Ent-
ferntesten einfallen könne, das Thema desselben in Einer Vorlesung zu erschöpfen. XVas
er beabsichtige. iei nur einige Gesichtspunkte anzuregen, und praktische, auf Oesterreich
sich beziehende Bemerkungen daran zu knüpfen. Aus dem Vortrag waren daher diese
Ursachen nur auf dem Wege von Rückschlüssen herauszufinden, derselbe verbreitete sich
nämlich nur über die Mittel zur Ptlegeder grossen Kunst im Allgemeinen. In dieser
Beziehung müssten insbesondere drei Dingeins Auge gefasst werdenLErstens müsste dem
künstlerischen Streben ein idealer Zug zu Grunde. liegen; dann müsste die Kunst in Ver-
bindung sein mit den gesunden Elementen im Volksleben, und endlich müssen die Tradi-
tionen der alten und! wahren Kunst festgehalten werden. Zunächst dürfe dern Künstler
das Ideal nicht-verloren gehen; das Ideal sei das substantielle Moment der Kunst, der
Künstler gebe demselben nur die Form, den Ausdruck. In diesem idealen Zuge liege das
eigentliche vorziehende und bildende Moment der Kunst. Das zweite für die grosse Kunst
unentbehrliche Moment sei die Verbindung mit den gesunden Elementen des Volkslebens.
Das Volk soll der Kunst nicht blos geniessend gegenüberstehen, sondern selbst produci-
rend. So sei es in allen guten Epochen der Kunst gewesen. Damit die Kunst feste Wur-
zeln habe im Volksleben, sei aber nothwendig, dass die Künstler in reger Verbindung
stehen mit der Wissenschaftlichen Thätigkeit des Volkes. Ein wichtiges Element in den
Beziehungen der Kunst zum Volke sei ferner das Macenatenthum. Das Kunsthändlerwesen
des neunzehnten Jahrhunderts, obschon in seiner Weise ebenfalls förderlich, vermoge das
Macenatenthum nicht zu ersetzen; das letztere bleibt vielmehr auch für die Gegenwart
nothwendig zur Ergänzung als Gegengewicht. Frage man nun, was solle geschehen, um
die gmsse Kunst zu heben, so dürfe man nicht- zu. künstlichen Mitteln greifen; damit
wurde die Manierirtheitgefördert. Allein man müsse otfenen Auges dort unterstützend ein-
greifen, wo für die Zwecke des Staates, der Kirche, der Schule, der Gemeinde künstlerische
Aufgaben zu lösen sind. Glücklicherweise habe die Gegenwart in Oesterreich Aufgaben
dieser Art in Hülle und Fülle. .
Am x4. und u. November sprach Herr Professor Dr. Franz Neumann über "die
Kunst in der Wirthschaftu. Der Vortrag zerfiel in zwei Theile, die Kunst in der Volks-
wirthschaft und die Kunst in der Privatwirthschaft.
Wie in so vielen Sphären des staatlichen Lebens Widersprüche vermuthet werden,
während doch eine höhere Harmonie der Interessen besteht, so hat man schon in den
ältesten Zeiten die Kunst und Wirthschaft als Gegensätze behandelt und hangt an diesem
Vorurtheile vielfach noch jetzt.
Die Kunst erscheint uns heute meistens consumirend, die Wirthschaft producirend;
die Kunst scheint zu verschlingen, was jahrelanges mühsames Sparen an Gütern erzeugte.
Indessen sind diese Vorstellungen auf verschiedenen Wegen als irrig zu beweisen.
Zuerst lenkt die in der ganzen Natur bewiesene Einheit des llrsprunges aller E1:-
scheinungen darauf, auch für Kunst und Wirthschaft einen gemeinsamen Ausgangspunkt
zu suchen und dieser findet sich in dem Bedürfnisse des Menschen. Beide richten
sich auf dessen Befriedigung, diese im materiellen, jene im ethischen Sinne. VUeberdies
geht die allgemeine Einheit der Kunst und Wissenschaft aus dem- gemeinsamen Qbjecte
ihrer Richtung hervor: Umformung und Durchgeistigung der ausseren Natur, mit dem
Unterschiede, dass dieser die Brauchbarkeit, jener erst die Schönheit genügt. ,
Die Geschichte bestätiget diesen monophyletischen Ursprung vollkommen und zwar
sowohl durch die Gleichartigkeit der Grundtypen von Kunst und Wirthschaft, als dadurch,
dass der älteste Anfang des Wirthschaftens mit dem ältesten Anfange der_Kunst in den
blossen Nachahmungen der Natur identisch ist, als endlich dadurch, dass die Bedingungen
des Entstehens und der Blüthe Beider analog sind. Insbesondere in dieser letzten Bezie-
hung bietet die Völkergeschichte und Erdkunde in dem von Buckle sogenial durchge-
führten Sinne und die Kunstgeschichte eine Fülle vnn Belegen dafür, dass die ersten Stat-
ten des wirthschaftlichen Reichthums auch die Stätten der Cultur und speciell der Kunst
geworden sind: Indien, Mittel-Asien, Aegypten, Mittel-Amerika. _
Wenn nach diesen Beweisen nicht mehr daran gedacht werden kann, dass die
Wirthschaft der Kunst feindlich entgegenstehe, so lasst sich umgekehrt _auch darthun,
dass die Kunst in der Wirthschah ein durchaus förderndes Element sei._ Die hohe Kunst
wird die sichere Führerin für die Richtung der wirthschaftlichen Thatigkeit, sie beein-
flusst den Geschmack und die ganze schaffende Krah eines Volkes; sie verhütet in Folge
der Festigkeit des Kunststiles jene gefährlichen immateriellen Consumtionen, welche durch