gerichteten Erscheinung dem gesammten Kunstcharakter des 4. Jahrhunderts.
Im Laufe des letzteren ward unter den schmückenden Zuthaten der roth-
figurigen Gefässe auch häufig Gold angewendet. Diese Vasen mit Gold-
schmuck hat O. Jahn zum Gegenstande einer schönen Abhandlung gemacht,
auf die ich hier hinweisen will (Bonn 1866). Sie kommt in griechischen
und italischen Gräbern, aber besonders häufig in den Fundstätten der
Krim, des alten bosporanischen Königreiches vor, und sind namentlich im
Saal der bosporanischen Alterthümer im Museum der Petersburger Eremitage
in besonderer Pracht und in der stattlichen Zahl von 81 Stück vertreten
(F. Stephani, Die Vasensammlung der kaiserl. Eremitage. 186g, I, p. lll.).
Das Hinzutreten des Goldes auch zu diesen sonst so schlichten Erzeug-
nissen des Handwerks ist ein Symptom des vorn 4. _Jahrh. an in Athen
um sich greifenden Luxusbedürfnisses. Wurde doch damals auch, ganz
wie z. B. in der Blüthezeit der venetianischen Kunst, der goldige Ton
des edlen Marmormateriales an Gebilden und Sculpturen durch Aufsetzen
von vergoldeter-n Ornament noch gesteigert.
Aber wenn schon die Töpfertechnik dieser Vasen unseren Augen
wohl thut, so erregt vollends die genauere Betrachtung der Malereien, ihr
Styl, ihr Verhältniss zu dem Geräthe selbst und ihr geistiger Inhalt unsere
höchste Bewunderung.
In den schwarzfigurigen Vasen des alten Styles hat die Zeichnung
und Behandlung der Malerei noch viel Steifes, Uebertriebenes und in der
Composition Gedrängtes. Wir erblicken hierin noch die Nachwirkung des
orientalischen Styls, dessen decorativer Sinn vor Allem auf die Herstellung
einer dichten bunten Fülle von Ornamenten gerichtet war und sich diese
Eigenthümlichkeit in seinen wichtigsten Industriezweigen bis auf den heu-
tigen Tag bewahrt hat. Der alte attische Vasenstyl hat Manches von dieser
Fülle angenommen, aber er beginnt dieselbe bereits zu ordnen und zu
lichten. So wie sich die Gefässe gliedern und entwickeln, so klärt sich
auch dieses decorative Chaos auf, die alte monotone Streifencomposition
verschwindet; die Malerei wird der Form des Gefässes angepasst, sym-
metrisch und nach der Structur der einzelnen Gefässtheile stylgerecht
vertheilt und selbst die scheinbar äusserlichen und zufälligen Pflanzen-
schemata richten sich in ihrer Bildung und Vertheilung genau nach dem
Zuge der Linien des Gefässes: am Boden spriesst ein Kranz kelchförmiger
Blätter empor, die Henkel senden Rankenwindungen über die Fläche des
Gefässes aus, der Hals wird wie von einem Collier schöner Palmetten
und Blumenkelche umfasst, die gleichmässig auf- und abwärts gerichtet
sind. So bei den mustergiltigen Exemplaren des Styles. Eine Abart bil-
den diejenigen Gefässe, welche die Figuren auf einem besonderen, scharf
umgrenzten rothen Hintergrunde zeigen, so dass sie wie aufgeklebte Bilder-
bogen aussehen. Dies hebt den Schmuck zu schroff als solchen hervor
und stört die Einheitlichkeit des Ganzen. Oft wird die lsolirung der
Bilder dann sogar durch einrahmende Ornamentborten noch mehr verstärkt.