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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1897 / 1)

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Außer den schon angeführten Gebieten ist es u. A. auch das von 
gewissen Arten der graphischen Kunst, jedoch in der Weise, dass weit- 
aus weniger die vollständige Nachahmung von Drucken, sondern viel- 
mehr die Fälschung von Zuständen einzelner Abzüge, ihrer Etats, haupt- 
sächlich auch die Fälschung von Künstlernamen und Monogrammen ge- 
fährlich wird. v 
lst der Fälscher vorsichtig und geschickt, so kann es ihm ferner 
auf dern Gebiete der Schmiedekunst glücken, Erzeugnisse hervorzubringen, 
die in keiner Weise, auch nicht von dem Auge eines geübten Sach- 
verständigen, als Nachahmung zu erkennen sind. 
Weiters ist kaum irgend eine Technik so sehr geeignet, die Thätigkeit 
eines Fälschers anzueifern, als die Emaillage. Gefälschte mittelalterliche 
Emaillen, Limousiner Malereien im Charakter des 15.-17. Jahrhunderts, 
Goldschmiedeemaillen der späten Renaissanceperiode Deutschlands u. s. w., 
deren Urbilder von Vielen für unnachahmlich gehalten werden, nimmt 
der Sammler mit größtem Vertrauen in Empfang. Da ihr oft desolater 
Zustand, wie schon früher bemerkt wurde, kaum dazu beiträgt, ihren Werth 
in den Augen eines Liebhabers herabzusetzen, so kann der Fälscher diesen 
Umstand auch benützen, um allzuwenig gelungene Partien eines Stückes, 
verrätherische Stellen überhaupt, wegzubrechen oder wegznschlagen und 
die so entstandenen Schäden in beliebiger Manier auf kaltem Wege aus- 
zubessern, um allfälligem Verdachte vorzubeugen. 
Bronzen, insbesondere solche, die nach guten, echten Originalen 
abgegossen und durch entsprechende Ciselirung und Patinirung vervoll- 
ständigt sind, können begreiflicherweise Veranlassung zu den raffinirtesten 
Täuschungen geben, ebenso Terracotten unter gewissen Voraussetzungen. 
Relativ am wenigsten zu befürchten ist die Fälschung solcher Gegen- 
stände, deren Erzeugung sich nur in einer größeren Anzahl von Wieder- 
holungen mit Vortheil bewerkstelligen lässt. Z. B. von den Porzellanen 
jene Arbeiten, bei denen die plastische Form die Hauptsache bildet: 
glasirte, bemalte und unbemalte, sowie Biscuitfiguren und -Gruppen. 
Auch bei gewissen Erzeugnissen der Textilindustrie, gemusterten Stoffen, 
ist die totale Fälschung sehr erschwert, da die Herstellung der Nach- 
ahmungen in nur kleineren Massen sich ohne unverhältnissmäßig große 
Kosten nicht bewerkstelligen lässt. 
Die Fälschung gewirkter Teppiche kann begreiflicherweise nur unter 
gewissen Bedingungen den verlangten Nutzen abwerfen, da die virtuose 
Kunstübung des Gobelinwebers zu kostspielig ist, um sie zu Täuschungs- 
zwecken in Anspruch nehmen zu können. Leicht zu bewerkstelligen ist 
jedoch die theilweise Fälschung solcher Arbeiten; die Anbringung von 
Signaturen oder ihre Aenderung, im Falle solche schon vorhanden sind; 
die Hinzufügung von Jahreszahlen u. dgl. Ferner die Auffrischung 
der Farben mittelst des Pinsels u. A. m.
	            		
ZID Nach diesen flüchtigen: und nur ganz allgemeinen Andeutungen über die Thätigkeit der Fälscher taucht wohl fast von selbst die Frage auf: in welcher Weise sich der Sammler der Schädigung durch Täuschung erwehren könne. Wenngleich die Beantwortung dieser Frage auf den ersten Blick große Schwierigkeiten zu bereiten scheint, dürfte sie sich doch im Wesent- lichen einfacher gestalten, als gewöhnlich angenommen wird. Hier den rechten Weg einzuschlagen, ist leichter als man meint; wie weit dieser Weg im einzelnen Falle zum Ziele führen kann, hängt gänzlich von den Umständen ab. Der erste Schritt zur Besserung der Verhältnisse besteht ohne Zweifel darin, das Uebel möglichst gründlich zu erforschen, es möglichst genau kennen zu lernen. . Nur zu oft glaubte man bis jetzt die Fälschung am besten abzu- thun, indem man von ihr, als von einer turpis causa, so wenig als möglich sprach. Falsche Scham verursacht gar oft, dass dem Sammler jede Aeußerung über eine schlechte Acquisition auf den Lippen erstirbt. Dies ist umsomehr zu bedauern, als gerade der private Sammler oftmals in der Lage wäre, wissenswerthe Daten zusammenzustellen und zu allgemeinem Nutzen zu veröffentlichen, vorausgesetzt, dass ihn ein ent- sprechendes Ausmaß fachlicher Bildung in den Stand setzt, die vor- kommenden Facten obiectiv und gründlich zu untersuchen. Freilich ist er selten genug in der Lage, dies zu thun, und auch der ehrliche, un- befangene Verkäufer cursirender alter Kunstwaare ist es gar zu oft ebenso- wenig im Stande. War und ist doch allenthalben sogar die Meinung ver- breitet, dass Kunstobjecten gegenüber einzig und allein das angeborene Gefühl zum richtigen Urtheile verhelfe. Aber gerade dieses Gefühl wird nur zu oft getäuscht; schon allein aus dem Grunde, weil man sich in unseren Tagen, irregeführt durch manches falsche Vergleichsobject, ge- wöhnt hat, Kunsterzeugnisse zu acceptiren, deren Charakter entweder als gleißende Anmaßung oder als affectirte Biederkeit zu bezeichnen ist, nichts aber von der anspruchslosen Liebe zeigt, die dem besten Kunst- werke erst zu wahrhaft poetischem Reize verhilft. Da fällt nun in erster Linie den Pflegern öffentlicher Sammlungen die Aufgabe zu, in objectiv-kritischer Weise die Wirrsale zu lösen, die durch das Fälscherhandwerk hervorgerufen wurden; Wirrsale, die vor- nehmlich die klare Anschauung auf dem Gebiete der Kunst- und Cultur- geschichte zu trüben im Stande wären, würden sie nicht, wo es nölhig ist, beizeiten entfernt. Der berufsrnäßige Kenner wird vor Allem die Falsificate zu schätzen wissen, wie sie es als Kunsterzeugnisse wirklich verdienen. Zu Gunsten seiner Aufgabe studirt er die Fälscherwirksamkeit systematisch, und er ist es, der auf diese Weise -- wenn diese Bezeichnung erlaubt sein soll - eine Pathologie des Kunstgewerbes schafft; er ist es auch, der bei
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