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Internationale 
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde. 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
8. Jahrgang. 
Wien, 1. Dezember 1916. 
Nr. 23. 
Kaiser Franz Joseph und die Sammler. 
Schmerzerfüllt legt die große Gemeinde der Sammler 
ihren Immortellenkranz auf das frische Grab Franz 
Josephs I., dieses Volkskaisers im schönsten Sinne des 
Wortes. Kann ein Kaiser auch nicht, wie gewöhnliche 
Sterbliche, seinen Sammelneigungen nachgehen, so ge 
hörte doch Franz Josephs Herz immer der Kunst, zu 
deren Jüngern er sich auch, solange er noch sich selbst 
leben durfte, zählte. Vor jenem schicksalsschweren 
2. Dezember 1848, an dem Franz Joseph von seiner 
Jugend Abschied nahm, zeichnete und. lithographierte 
er und seine Arbeiten — Zeichnungen über Tirol aus 
dem Jahre 1809 und Reiseerinnerungen aus Dalmatien, 
die in Reproduktionen auch im Kunsthandel erschienen 
— verrieten einen guten Blick und eine begabte Hand. 
Sich zum Künstler zu entwickeln, war Franz Joseph 
versagt, aber ein Künstlertum hat er immer behalten. 
, Wenn er, und das geschah bis in die allerletzten Jahre 
regelmäßig, die neueröffneten Kunstausstellungen be 
suchte, da sah er sich die ausgestellten Objekte aufmerk 
sam an und das Urteil, das er in knappen Worten zu 
sammenzufassen pflegte, gab von seinem Verständnis 
und seinem Geschmack Zeugnis. Es widerstrebte der 
vornehmen Art dieses Mannes, der nie den Kavalier 
verleugnete, absprechende Äußerungen von sich zu 
geben in jenen Fällen, wo er nicht loben konnte, be 
schränkte er sich darauf, Bemerkungen über den Gegen 
stand der Darstellung zu machen. Er sprach dann von 
dem Ort, der Person, die der Künstler auf die Leinwand 
gebracht hatte, nicht von der Art, wie es geschah. Mit 
der Auswahl der Objekte für den Ankauf begann der 
Sammler, der freilich nicht, wie der Privatsammler an 
seinen intimeren Gebrauch dabei denken konnte. Dies 
Bild erwarb er für das Hofmuseum, jenes für die Staats 
galerie, diese Statue für eines seiner Schlösser oder er 
bestimmte sie zu Geschenkszwecken. 
Hat sein edles Mäzenatentum, dem er bedeutende 
Summen opferte, viele zur Nachahmung ange 
eifert und so Kunst und Künstler befruchtet, so er 
hielten tausende und tausende von Sammlern Ziel und 
Richtung für ihre Liebhabereien dadurch, daß sie so 
genannte Franz Josephs Sammler wurden. Sic sammel 
ten Dinge, die sich auf die Regierungszeit Franz Josephs 
bezogen, Bilder, Photograpliien, Ansichtskarten, Me 
daillen, Münzen, Flugblätter, Marken usw. 
Und wie unendlich groß war jedes dieser Gebiete. 
Die Ikonographie auf Kaiser Franz Joseph, die noch 
ihres Historikers harrt, würde ebenso Bände füllen wie 
beispielsweise die Beschreibung der numismatischen 
Denkzeichen auf die Regierungsjubiläen des Monarchen. 
Und wie mit Medaillen, so verhält es sich mit den Mün 
zen, die in den 08 Regierungsjahren des Kaisers geprägt 
wurden, mit den Briefmarken, deren allererste be 
kanntlich in Österreich unter Franz Joseph hergestellt 
wurde. 
Eine kleine Sammlerpassion hat Franz Joseph indes 
nicht unterdrücken können. Er sammelte, wie schon 
einmal in der „Internationalen Sammler-Zeitung“ er 
zählt wurde, Menükarten. Die Sammlung, die er auf 
diesem Gebiete zusammengebracht hat, sucht ihres 
gleichen auf dem Erdenrund. Sie enthält mehr als 
3700 Speisekarten von Festmählern bei Höfen. Es gibt 
kein derzeit bestehendes Fürstenhaus, das in dieser 
originellen und historisch merkwürdigen Sammlung 
nicht vertreten wäre. Man wußte, daß der Kaiser Wert 
darauf legte, die Sammlung durch immer neue Exem 
plare zu erweitern, und diesem Umstande trugen die 
diplomatischen Vertreter unseres Staates im Auslande 
auch jederzeit Rechnung, in dem sie von jedem Festmahl, 
das beim Hof, wo sie akkreditiert waren, gegeben wurde, 
eine Speisekarte zu erhalten suchten, um sie nach Wien 
zu senden. So ist diese Sammlung, die vom Kaiser erst 
nach der Geburtd.es Kronprinzen Rudolf angelegt wurde, 
zur größten und interessantesten geworden, die man 
auf diesem Gebiete in der ganzen Welt trifft. Uber 
2000 Exemplare der Sammlung stammen von Hoffest 
mählern her, die in Österreich-Ungarn stattfanden, der 
Rest verteilt sich auf alle anderen Kulturstaaten in 
Europa, Amerika und — Asien. 
Die Speiseordnungen sind nach den Staaten ein- 
geteilt; jeder Staat hat seinen eigenen Schrank; dieser 
allein kann schon als eine Sehenswürdigkeit bezeichnet 
werden. Das originellste und kostbarste aller Menüs ist 
das, welches ein französischer Künstler anläßlich des 
Prunkmahles geschaffen hat, das der Zar zu Ehren des 
Präsidenten Faure gab. 
Die Speiseordnung ist in eine selten schöne schwarze 
Marmorplatte eingraviert und mit einem farbenprächti 
gen Blumengewinde eingesäumt. Die Schrift ist mit 
Elfenbein ausgelegt. Von den übrigen Denkwürdigkeiten 
der Sammlung seien erwähnt: die Speisekarten vom 
Hofe Kaisers Max von Mexiko, eine Speisekarte von 
dem Festmahl zu Ehren der Königinnen Luise und 
Viktoria und Napoleons in Königsberg. Die Menüs zu 
den Festmählern, die zu Ehren Bismarcks oder von 
diesem selbst gegeben wurden, sind in einem eigenen 
Schrank aufbewahrt.
	        
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