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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1895 / 8)

Das Parament und seine Geschichte, 
mit besonderer Rücksicht auf den Ursprung des Messkleides. 
Von Dr. Heinrich Swoboda. 
(Schluss) 
Dies erinnert uns, in jener Stadt. welche die ehrwürdigen Kleinodien 
des heiligen römischen Reiches deutscher Nation bewahrt, auch über diese 
kaiserlichen Paramente ein Wort zu sagen. Dieselben sind selbst in 
dieser verhältnissmäßig späten Zeit vom tz. Jahrhundert aufwärts in aller 
Form geistliche Kleider, Alba, Dalmatik, Stola und Pluviale. Gerade aber 
das signiiicanteste derselben, die übergroße Stola, deutet auf jene Zeiten 
hin, wo geistliche und weltliche Macht, Consul und Bischof die aus- 
zeichnende Binde als Amtsinsigne trugen, wenn auch jener Krünungs- 
ornat nicht mehr den Charakter des geistlichen und weltlichen Autoritäts- 
kleides vermischt. lm Gegentheil: je schärfer hier schon die Amtskleidung 
der beiden Gewalten sich schied, um so auffälliger ist im Krönungsornate 
das geistliche Element. Der Kaiser ist wohl beim Krönungsamte Diakon 
und singt das Evangelium, das Messkleid trägt er aber nicht, sein kirch- 
liches Arntskleid ist die Dalmatik des Diakons, und um so deutlicher 
zeigt es sich, dass die alte Paenula bereits ausschließlich Kleid des Priesters 
in der Liturgie geworden war. 
Rohault de Fleury bietet im siebenten Bande seines monumentalen 
Werkes nLa Messeyauf S. 179 eine sehr instructive, aber nicht allseitig 
erschöpfende Uebersicht der Casula- resp. Paenulaformen von der Kata- 
kombenzeit bis in's ig. Jahrhundert. Die beiden Grundformen der alten 
Paenula, die itineraria, als volle Glocke, und die nobilis, etwas leichter 
und gegen die Arme herauf eingebuchtet, sind überall leicht zu erkennen 
und letztere hat sich bis in die Neuzeit erhalten. Dabei zeigt sich von 
selbst, dass die sogenannte Borromäusform des 16. Jahrhunderts gerade 
1000 Jahre früher auch schon im Gebrauche war, dass also der heil. 
Karl Borromäus nichts Neues festsetzte, sondern an uralte Traditionen 
anknlipfte. Ein Unterschied im Schnitte des Vorder- und Rücktheiles ist 
hie und da zu constatiren. Durch eine Verkürzung des vorderen Stückes 
sollten die Arme des celebrirenden Priesters entlastet werden, wie dies 
besonders auffällig an der Casula aus Bayeux (lt. Jahrh., wiedergegeben 
auf Taf. DLXXVI) zu erkennen ist. Mit dieser lateinischen Form stimmen 
auch die uns bekannten Schnitte der Phelonien, wie sie jetzt in der grie- 
chischen Kirche gebraucht werden. (Cf. Rajewsky, Euchologion der 
orthodox-katholischen Kirche . . . Wien, Zamarski, 186i. I, S. XXV ff. 
Abbildung S. XXIX.) Die etymologische Verwandtschaft von qzalävqg 
oder mehr noch spuwölnjg mit paenula ist selbstredend. Das Oesterr. 
Museum bewahrt einen Goldbrocat aus dem 15. Jahrhundert, der bisher 
als "Rauchmantelu galt. Setzt man aber die beiden geradlinigen Kanten 
des Vordertheiles zusammen, so entsteht eine Paenula von bester und
	        
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