UÜQ
Sicherlich findet sich in keiner Sammlung der Welt eine so günstige
Gelegenheit, gute Repräsentanten dieser Verfahren studiren und ver-
gleichen zu können, als im South Kensington-Museum. Das charakteri-
stische gemeinsame Merkmal derselben ist der Mangel eines metallenen
Excipienten. Hält man diesen Umstand einmal fest, so lässt sich eine
Reihe von Emailarbeiten verschiedenen Ansehens und verschiedener, oft
schwankender Benennung in eine Gruppe zusammenfassen. Das Email
a iour (in einer modernen Variante mit Beihilfe des Filigrans, in Russ-
land und in den skandinavischen Ländern zu hoher Blüthe gebracht),
zwischen lose aneinandergelegte Lamellen geschmolzen, in der Weise,
wie sie Benvenuto Cellini sich erklärte. In den Emaillen des sogenannten
burgundischen Bechers des South Kensington-Museums ist vielleicht das
einzige Beispiel dieses Genres aus alter Zeit erhalten geblieben, da es
bis jetzt unbekannt ist, ob die ornamentalen Schmelze atn goldenen
Schilde Carl IX. zu Paris schon daraufhin näher untersucht wurden, ob sie
auf einer Metallunterlage haften oder nicht. Diesen cloisonnirten Stücken
lassen sich andere gegenüberstellen, welche in ihrer Art mit den Champleve-
Arbeiten verglichen werden können, insofern die mehr oder weniger reich
mit Schmelz ausgestatteten ornamentalen oder figuralen Bildformen nicht
der Zusammensetzung bochkantig gestellter Lamellen ihre Umrisse ver-
danken, sondern in der vollen Silhouette aus Edelmetall gebildet
sind, und mehr oder weniger erhabene Ränder zeigen. Diese äußerst zier"
lichen Kunstwerke, nur in kleinen Dimensionen hergestellt, zeigen sowohl
transparenten als opaken Grund. Für letzteren Fall wäre wenigtens ein
höchst merkwürdiges Beispiel anzuführen, dessen Bedeutung bis jetzt
wohl kaum von Jemandem gewürdigt ist. Es ist dies ein in der Prince
Consorts gallezjy des South Kensington-Museums befindliches, seinerzeit
um den geringfügigen Betrag von 3 16 6 sh. erworbenes Plättchen in der
Größe von r X 2 inches mit einer Darstellung der Geburt Christi. Ein
Unicum in seiner Art. Es wird dort für vblaues Glas, eingelegt oder
incrustirt, mit Goldcloisonne-Arbeit, ausgefüllt mit transluciden Emaillenu
bezeichnet; diese Erklärung ist keineswegs richtig. Auch hat die Bezeich-
nung Deutschlands als Ursprungsort wenig Wahrscheinliches für sich,
soviel aus der Zeichnung des Gegenstandes zu entnehmen ist. Ein in der
Nähe dieses kleinen Stückes befindliches kostbares Obiect zeigt die Emaillen
ohne Metallexcipienten mit Figuren auf vollkommen farblosern transparenten
Hintergrund. Es ist dies eine aus 21 in Silber gefassten Gliedern bestehende
Kette mit dreieckiger Schließe. Jedes der in der Längsrichtung schwach ge-
krlimmten Glieder zeigt ein beiläufig 6 Millimeter hohes und 30 Milli-
meter breites, höchst zierlich gearbeitetes Emailbild. Die Gegenstände der
Darstellungen werden in den Notizen der Sammlung im Allgemeinen
als nhunling and country scenesc bezeichnet, sind aber in Wirklichkeit
theils Compositionen mit Beziehungen zur Thierfabel, theils Gruppen
genrehafter und dabei oft humorvoller Bedeutung; z. B.: Ein Fuchs und