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Organisation des Museums tiir Kunst und Gewerbe in Hamburg.
Wir theilcn unseren Lesern nach dem officiellen Acte des Hamburger Senates iene
Daten über das neu zu gründende Museum für Kunst und Gewerbe mit, welche sich auf
die Or anisation beziehen. Es geht aus Letzterem deutlich hervor, dass in Hamburg im
Wesentichen dieselben Wege eingeschlagen wurden, welche seiner Zeit in Wien zur
Gründung des osterreichischen Museums geführt haben.
23. Februar
"Durch Senats- und Bürgerschaftsbeschluss vom wurde in Hamburg
der von der Gesellschaft zur Beforderung der Künste und nützlichen Gewerbe im Jahre
1369 eingesetzten Commission zur Begründung eines l-lamburgischen Museums für Kunst
und Gewerbe ein jährlicher Beitrag von Crt. Mark 12.500, theils zur Anschaffung von
Museumsgegeitstanden, theils zur Miethe eines Locals und zu sonstigen Verwaltungskosten
fur die Jahre 1874, 1875 und 1876 aus Staatsmitteln unter der Bedingung bewilligt, dass
auch der aus Privatmitteln angeschalfte Theil der von der Commission angelegten Samm-
lung in das Eigenthum des Staates übergeben solle, sobald die für das Museum bestimm-
ten Raume in dern damals in Aussicht genommenen Schulbau am Steinthorplatz herge-
stellt sein wurden. Dieses Gebaude, welches zugleich zur Aufnahme der Realschule des
Johanneums und der Gewerbeschule bestimmt war, ist seitdem vollendet und im Sep-
tember v. J. eingeweiht und von den beiden Schulanstalten bezogen worden. Das Ge-
werbemuseum, dessen gegenwärtig gemiethetes Local am t. Mai d. J. geräumt sein muss.
wird nun im Anfang 1877 gleichfalls in das neue Gebäude und zwar in das Erdgeschoss
desselben verlegt werden können. Dadurch wird dasselbe Staatsinsritut werden.
Nach Massgabe des schon erwahnten Senats- und Burgerschaftsbeschlusses von 1874
ist die Anstalt der Oberschulbehörde unterstellt und zwar speciell der den wissenschaft-
lichen Anstalten vorgesetzten l. Section derselben.
Zweck und Aufgabe des Museums für Kunst und Gewerbe ist im Allgemeinen:
Kunst und Wissenschaft zur Forderung der Gewerbthatigkeit und zur Hebung des Ge-
schmackes der Gewerbtreibenden nutzbar zu machen. Dabei ist also die Absicht, wie
auch der Name andeuten soll, auf eine engere Verbindung des Gewerbes mit der Kunst
binzuwirken; es wird deswegen zwar vorwiegend das sogenannte Kunstgewerbe in Be-
tracht kommen, doch aber sollen diejenigen Gewerbe, welche nicht in diese Kategorie
gebären, keineswegs ganz unberücksichtigt bleiben, wie andererseits auch verschiedene
Zweige der bildenden Künste, namentlich der Architektur und der Plastik, insoweit zu
berücksichtigen sein werden, als nicht schon durch die Sammlungen der Kunsthalle das
vorhandene Bedurfniss befriedigt wird.
Als Mittel zur Erreichung der vorgedachten Zwecke werden zunachst die folgen-
den namhaft gemacht, durch deren Aufzählung aber keineswegs gesagt sein soll, dass
nicht bei weiterer Entwicklung des Institutes auch noch in anderer Weise durch dasselbe
auf die Gewerbethätigkeit anregend und fördernd wird gewirkt werden können.
r. Die Hauptsache ist: die Ansammlung einer grosseren Anzahl mannigfaltiger und
möglichst sorgfältig ausgewählter Erzeugnisse des Gewerbßeisses verschiedener Zeiten und
Länder, hauptsächlich in Originalen, aber vorkommenden Falls auch in guten Gypsab-
gussen oder Abbildungen; dazu Sammlungen von Rohstoffen und Halbfabricaten, von
Modellen und von Werkzeugen, so dass also mit der eigentlichen kunstgewerblichen
Sammlung auch eine technische verbunden sein wurde, letztere aber nur nebensächlich,
im Anschluss an die erstere, wobei etwa der Gedanke zu Grunde gelegt würde, dass es
darauf ankornme, die Entstehung der Kunstgewerbs-Erzeugnisse in den verschiedenen Stu-
fen ihres Werdens von dem Rohstoff ab bis zur vollendeten Arbeit zu veranschaulichen.
wesentlich zu dem Zwecke, den Zusammenhang von Stoff und technischem Verfahren mit
der Form und dem Schmuck der Erzeugnisse vor Augen zu fuhren.
2. Mit diesen, dem betheiligten Publicum jederzeit zugänglichen Sammlungen des
Museums ware sodann eine dauernde Ausstellung zu verbinden, hauptsächlich um den
Gewerbtreibenden die rasche Kenntniss neuer Maschinen und Werkzeuge zu vermitteln,
indem von der Aufnahme von Maschinen in die eigentliche Sammlung mit Rucksicht auf
den raschen Wechsel der Erfindungen, auf die Kostspieligkeit der regelmassigen Anschaf-
fung und Unterhaltung und auf das grosse Raurubedürfniss besser abzusehen sein wird.
Gleichzeitig wird den Gewerbtreibenden zu gestatten sein, wirklich hervorragende Erzeug-
nisse ihrer Geschicklichkeit oder Erfindungsgabe im Museum auszustellen.
_ 3. Da auch bei der Aufwendung weit betrachtlicherer Mittel, als dem bisherigen
Privatvereine zur Verfügung standen, die kunstgewerbliche Sammlung nur sehr allmalig
wachsen kann, so ist weiter auf die Veranstaltung zeitweiliger Ausstellungen von Kunst-
un_d Gewerbs-Erzeugnissen aus dem Besitz anderer öffentlicher Museen oder aus dem
Privatbesitz Bedacht zu nehmen.