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Um dem Leser einigermaßen einen Begriff von der Wichtigkeit der hier abgehan-
delten Fragen zu geben, wollen wir einen Theil der auch für Laien interessanten Matericn
angeben, die hier zum ersten Male, oder doch jedenfalls zum ersten Male wissenschaftlich,
behandelt werden: Orientalische Gold- und Silberfaden mit Metall-Lamellen und solchen
von thierischen Substanzen; die materielle Beschaffenheit der Textur der alten und neuen
persischen Teppiche; die Art des Metallgeüechtes des Goldgewebes; die Flockseide und
die mittelalterlichen Verfalschungsmethoden derselben; die Art der Noppenknüpfnng; das
Alter des Sammets; der Schiller der Chorosaner Teppiche; die seidenfressende Motte;
Erklaning und Rechtschreibung des Wortes wShawlu (wir werden künftig richtig Schal
schreiben müssen); heilige Siebenzahl der Farben in Persien; technische Erklärung der
alten persischen Teppichfarben und die Geschichte ihrer Benennung.
Wir sind nun mit unserem Auszuge erst auf Seite 60 und müssen nothgedrungen
abbrechen, wollten wir nicht den ganzen lnhalt abschreiben, und nur noch, indem wir hier
die vielen Aufklarungen für Culturgeschichte, Archäologie und Sprachwissenschaft des
alten Orientes bei Seite lassen, alle Kunsthistoriker auf das Capitel über Symbolik be-
sonders verweisen, in welchem mit einer großen Anzahl landläufiger Fabeln gründlich
aufgeräumt, und eine Erklärung aller Thier- und Pflanzenhilder gegeben wird , die uns
bisher auf mittelalterlichen Geweben unlösbare Rathsel aufgegeben haben.
Möge der Verfasser uns bald mit seiner Geschichte der Weberei erfreuen, auf
welche wir nach Publication des vorliegenden Werkes nur noch schwerer warten.
Gurlitt, Cornelius: Das Schloss zu Meißen. Eine kunstgeschichtliche
Studie. Dresden, Gilbert, 1881. 8.
Das Büchlein ist ein erweiterter Abdruck einer zuerst in xSachsische Herrensitze
und Schlosserß erschienenen Abhandlung. Es gibt zunächst die Baugeschichte des Domes
auf dem Meißner Schlossberg in seinen verschiedenen Perioden und einen Hinweis auf
die in demselben befindlichen Denkmäler der Malerei und Plastik. Dann folgt die Ge-
schichte der Albrechtsburg, von ihrer Gründung t47l bis zum heutigen Tage, die Be-
schreibung ihrer raumlichen Anordnung und Würdigung ihrer kunstgeschichtlichen Bedeu-
tung. Die mittelalterlichen Baumeister waren doch im Ganzen nur auf den Kirchenstyl
geschult und selbst die großen Kloster und Stifte, jenes zu Marienburg nicht ausgenommen,
zeigen eine gewisse Regellosigkeit in ihrer Gesammtanlage. Dem entgegen ist nach
Gurlitt's Ansicht die Albrechtsburg der erste vom Grund aus geplante und durchgeführte
Palast Deutschlands und deren Erbauer Arnold Westveling oder Bestveling haben wir
hinfort als einen der genialsten Architekten zu achten. ln der That geben seine Wöl-
bungen, die Neuheit und Kühnheit seiner Treppenconstruction (das bisher in Frankreich
gesuchte Muster der Wendeltreppen von Dresden, Torgau und Berlin), die Zweckmassig-
keit seiner Raumvertheilung, der Verzicht auf ornamentales Blendwerk u. s. w. Grund
genug, dem Meister als einer bahnbrechenden, schöpferischen Erscheinung einen würdigen
Platz in der Kunstgeschichte anzuweisen. Und die Albrechtsburg ist nun auch wieder
für Jahrhunderte als sein künstlerisches Denkmal gesichert, indem die Porzellanfabrilt aus
derselben endlich hinausgeschafft und eine gründliche Restaurirung und malerische Aus-
schmückung soeben vollendet worden ist. König Johann hatte einen Theil der fran-
zösischen Kriegsentschadigung für diesen Zweck bestimmt.
Stark, K. B.: Das Heidelberger Schloss in seiner kunst- und cultur-
geschichtlichen Bedeutung. Heidelberg, C. Winter, 1881. Fol.
Diese Schrift ist gleichfalls blos ein Sonderabdruck aus i-Quellen zur Geschichte des
Heidelberger Schlosses von M. Rosenbergu. Wir geben jedoch dem obigen Büchlein
Gurlitt's über die Albrcchtsburg den Vorzug, schon deshalb, weil bei Stark der Mangel
jedweder Illustration, besonders aber der eines Grundrisses der ganzen Schlossanlage
das Verstandniss seiner sehr in's Detail gehenden Schilderung ungemein erschwert. Die
sonstige Ausstattung ist ja wie bei einer Prachtausgabe. Uebrigens war sich Stark be-
wusst, dass er Neues und nur Unbekanntes nicht mittheilen könne und hatte sich daher
die Aufgabe gestellt, den innern Zusammenhang des Heidelberger Schlosses, dieser deut-
schen Alhambra, mit dem Culturleben der deutschen. besonders rheinischen Lande auf-
zuweisen und seine Epochen an die Epochen der deutschen Cultur- und Kunstgeschichte
anzuknüpfen. Dies ist ihm auch in hochst dankenswerther Weise gelungen, speciell die
Erklärung des bildnerischen Schmuckes am Otto-Heinrichsbau. Leider verschweigt er,
ohne einen Grund hiefür anzugeben, den zurneist als Bildner jener Statuen angeführten
AI. Colins, wie er auch unseres Erachtens aus übergroßer Begeisterung für den Otto-
Heinrichsbau sich über den Friedricbsbau zu abfällig äußert.