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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe X (1875 / 122)

Der Landschadenhund. 
Der unter dem Namen "Landschadenbundu bekannte, grosse, 
silberne, vergoldete Pocal im Landhause zu Graz, über welchen in Nr. izo 
dieser Blätter einige Notizen gegeben sind, ist roSm hoch und wiegt etwa 
30 Pfund, geht also über die Grösse eines benutzbaren Trinkgefässes weit 
hinaus. Er ist ein Geräth, welches. bei irgend einer Gelegenheit als Ehren- 
geschenk dargebracht, selbst bei festlichen Gelegenheiten nicht mehr als 
Trinkgefäss, sondern nur als Schaustück benützt werden konnte, auf einer 
neben der Tafel befindlichen Credenz, später wohl auch auf der Tafel 
selbst aufgestellt wurden sein mag. 
Aus welcher Veranlassung dieser ungewöhnlich grosse Pocal gefertigt 
wurde, auf welche Weise er in den Besitz der steirischen Landstände kam 
und woher er seinen Namen hat, ist nicht bekannt. Er wurde vor einigen 
Jahrzehnten in einer Kiste im Joanneum zu Graz gefunden. 
Aus den Kunstformen des Pocals ergibt sich, dass er in der zweiten 
Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts und zwar, wie die eingeschlagene 
Marke nachweist, in Augsburg gefertigt worden ist. Die Marke des Gold- 
schrnieds, der ihn gemacht, ist ebenfalls eingeschlagen, doch ist mir sein 
Name nicht bekannt. 
Der Pocal gehört seiner ganzen Kunstweise nach der Schule des be- 
rühmten Nürnberger Meisters Wenzel Jamitzer an, welcher von den 
bis zu seiner Zeit üblichen, decorativ meist überaus günstigen gothischen 
Formen abging und die allgemeine Anwendung der Renaissanceformen 
zur Geltung gebracht und damit eine gänzliche Umwälzung auf dem Ge- 
biete der deutschen Goldschmiedekunst hervorgebracht hat. Die ihm über- 
lieferten Formen der Renaissance hat er, mit grosser Empnndungsgabe 
ausgestattet, dann in selbständiger Weise sehr reich durchgebildet und 
sich einen besonderen, dem Kundigen leicht erkennbaren Formenkreis ge- 
schaffen, welcher von den zahlreichen Schülern des Jamitzer mit mehr 
oder weniger Verständniss angewendet, von einigen auch selbständig 
weiter gebildet worden und mehr als ein Jahrhundert lang typisch ge- 
blieben ist. 
Der in Rede stehende Pocal ist insofern von besonderem Interesse, 
als er uns einen Einblick in die Art und Weise gewährt, mit welcher 
die minder begabten Schüler Jamitzer's die Arbeiten ihres Meisters be- 
nutzt haben. 
Die Gesammtform des Pocals ist eine Erfindung W. Jamitzefs. Sie 
ist ähnlich dem grossen (rryom hohen), um das Jahr 1570 gefertigten 
Pocal von W. Jamitzer im Besitz des deutschen Kaisers (Ortwein, deutsche 
Renaissance, Abtheilung Nürnberg, Bl. 65-67) oder auch einzelnen Ent- 
würfen, welche W. Jamitzer selbst (v-Meister von 155x1- in Schestag's 
Katalog der Ornarnentstich-Sammlung) in Kupfer gestochen hat. Doch 
ist er, nicht zum Vortheil des Ganzen, reicher gegliedert und zwar in 
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