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KUNST UND INDUSTRIE.
(Monatschrift für Kunst und Kunstgewerbe.)
Am l. eines jeden Monats erscheint eine Nummer. - Abonnementspreis per Jahr H. 4.-
Jäedacteur Bruno Buchen Expedition von C. Gerold": Sohn.
Man abonnirt im Museum, bei Gerold G: Comp., durch die Postanstalten, sowie durch
' alle Buch- und Kunsthandlungen.
Nr. 128. WIEN; l- MM; 1376- X417. jahrg.
Inhalt: Kunstgewerbe im heutigen Venedig. - Die Spilzenausstellung - Ueber Punzcnugbeiten. ll. d
Smul der chemisch-technischen ersuchnnslalt des k. k. Oesterr. Museums iur Kunst und
Industrie. - Vnrluungen im Museum. - Kleinere Mitlheilungen.
Kunstqewerhe im heutigen Venedig.
Von den zahlreichen Kunstgewerben, welche sich aus der Glanzperiode
Venedigs bis an das Ende des verflossenen Jahrhunderts und bis in die
Gegenwart erhalten haben, sind es nur wenige, welche unsere Aufmerk-
samkeit verdienen, und noch geringer ist die Zahl jener, welche mit den
heutigen Bedürfnissen der venetianischen Gesellschaft im lebendigen Zu-
sammenhange stehen. Was der heutige Venetianer braucht, um seine
Kunstbedlirfnisse im Hause, in der Kirche und im Staate zu decken, ist
nicht so viel, um ein Kunstgewerbe oder eine Kunsttechnik in Uebung
zu erhalten. Die venetianische Aristokratie hat in den Stürmen der grossen
französischen Revolution am Ende des I8. Jahrhunderts ihre Macht und
ihren Reichthum verloren, ungleich der Mailänder Aristokratie, die es in
kluger Weise verstanden hat, Reichthum und Einfluss zu bewahren. Mit
dem Zusammenbrechen der venetianischen Aristokratie sind die zahlreichen
lnstitutionen, die reich dotirten Confraternitas "l verschwunden und mit
') Von den zahlreichen Confraternitas existirt nur noch die der Griechen, deren
Scuola im Jahre 1498 gegründet wurde, und die der Dalmatiner in der Kirche S. Giorgio
de' Schiavuni. ln dieser Kirche sind auch noch die Bilder auf derselben Stelle, für welche
sie gemalt wurden, insbesondere der Cyclus von Bildern aus dem Leben der Landes-
Heiligen von Dalmatien und Albanien: Hieronymus, Georg und Tryphon, gemalt 1502
von Victor Carpaccio. Die Bilder Tintnrettds in der Scuola S. Rocca haben die Scuola
selbst überlebt und sind noch am alten Platze; alle die zahlreichen Gemälde, namentlich
die der grossen sechs Scuola's - wie die Ursula-Bilder von Carpaccio u. a. rn. - sind
nicht mehr an der alten Stelle. Ueber das Vereinsleben im alten Venedig gibt das Werk
von A. Sagredo -Sulle consorterie delle Arti ediGcative-r genügenden Aufschluss; der
XVohlthätigkeits- und Kunstsinn der herrschenden Aristokratie hat dort ein Feld fm- eine
reiche Thatigkeit.
1876. 6