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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVII (1882 / 202)

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Untersuchungen den evidenten Beweis erbracht, dassder im ganzen Mittelalter bis in die 
Frühzeit der Renaissance fortwährend in reicheren Texturen vorkommende Goldfaden der 
abendländischen Seidenindustriellen fast durchgängig aus Leinen-, seltener aus Seidenfaden 
besteht, die mit einem stark auf der einen Seite vergoldeten animalischen Häutchen, aus 
den Darmen der Schweine und Schafe geschnitten, umspannen sind. Die ebengedachten 
jüngeren Fachgelehrten haben es aber hei dem analytischen Beweise an einer Menge von 
alten Goldgespinnsten nicht bewendet sein lassen, sondern auch mit anerkennenswerther 
Ausdauer den synthetischen Beweis für die Richtigkeit ihrer Analyse geführt und, was 
bisher noch Keinem gelungen ist, den verloren geglaubten antiken Goldfaden in einer 
solchen Gediegenheit und einem so milden Goldglanz wiederhergestellt, dass nach Urtheil 
von Fachkennern und Kunstverstandigen die in gediegener alter Weise jetzt in Menge 
wiederhergestellten Goldfaden, was ihre technische Praparation und ihre eigenthümliche 
Elfectwirkung betriEt, durchaus mit dem cyprischen Goldgespinnst der Alten identisch sind. 
lndem wir es den glücklichen Erfindern überlassen, in einschlägigen Fachzeitschriften die 
wissenschaftlichen Resultate ihrer ausgedehnten Untersuchungen über Natur und Beschaffen- 
heit des verschiedenartigen Goldgespinnstes der Alten niederzulegen und den Nachweis zu 
erbringen, mit welchen Mitteln es ihnen technisch gelungen ist, den traditionellen orien- 
talischen Goldfaden in ursprünglicher Vollkommenheit wieder neu herzustellen, sei es 
gestattet, hier noch zu bemerken, dass die oben gedachten Gelehrten, überzeugt von der 
praktischen Bedeutung und der großen Tragweite ihrer Erfindung, es nicht unterlassen 
haben. durch Patente in den verschiedenen Hauptstädten das Eigenthumsrecht der neuen 
Erfindung sich sicherzustellen. Da das oft gedachte neue Goldgespinnst sich durch Biegsam- 
keit und Haltbarkeit im Gegensatz zu den heute gebräuchlichen Goldfaden vortheilhaft 
auszeichnet, welch' letztere selbst sogar bei der Verarbeitung nicht selten ihre Unsoliditat 
documentiren und schwarzlich anlaufen; da ferner der stechende, verletzende Metallglnuz 
den neuen Goldfaden nicht anhaftet, sondern dieselben bei größerer Geschmeidigkeit einen 
wohlthuenden, andauernden Glanz verbreiten, der mit dem matten Schimmer der Seiden- 
gewebe harmonisch im Einklang steht - so glauben wir mit Sicherheit der neuen Er- 
Endung für die allgemeine praktische Nutzbarmachung ein außerst günstiges Horoskop 
stellen zu dürfen.- 
Dagegen ist zu bemerken, dass schon im lahre r866 im 5. Hefte des 
l. Jahrganges unserer Zeitschrift, S. 68 E. der berühmte Physiologe Ernst 
Brücke dieselbe Entdeckung publicirt hat. 
Es ist gewiss ein nicht zu unterschätzendes Verdienst, den Anstoß 
zu geben, dass eine Entdeckung für die Industrie verwerthet werde. Das 
Verdienst der kaufmännischen Financirung dieser Entdeckung bleibt also 
den Münchener Gelehrten. 
(Ausstellung des Tiroler Gewerbevereins.) ln Anwesenheit 
des Statthalters, des Bürgermeisters und mehrerer anderer hoher Würden- 
träger hat der Tiroler Gewerbeverein am 5. Juni in Innsbruck eine per- 
manente Ausstellung kunstindustrieller Objecte eröffnet. Uebereinstim- 
menden Berichten zufolge soll das Arrangement ein höchst gelungenes, 
die Zahl, Mannigfaltigkeit und Güte der Gegenstände überraschend sein._ 
Es war ohne Zweifel ein glücklicher Gedanke, für die kunstgewerblichen 
Erzeugnisse dieses Kronlandes, auf welche die Innsbrucker Zeichen- und 
Modellirschule nicht ohne Einfluss geblieben ist, einen Vereinigungspunkt 
zu schaffen, und dadurch lebhafte Wechselbeziehungen zwischen den ein- 
zelnen Industrien wachzurufen. Manche alte und originelle Hausindustrie 
entlegener Gebirgsdörfer wird dadurch von Neuem geweckt und weiten 
Kreisen zugänglich gemacht werden. Die stets wachsende Zahl der Fremden 
wird sich, ähnlich wie in der Ausstellung des Münchener Kunstgewerbe- 
vereins, leicht und rasch einen Ueberblick über die Production ,Tirols 
verschaffen können. Es hat lange gedauert, bis unsere Alpenländer die 
Vortheile eines solchen Unternehmens eingesehen; holten wir, dass das- 
selbe nun nicht allein nach seiner materiellen, sondern vor Allem nach 
seiner geistigen Richtung hin ausgenützt werde. - Irn Ganzen haben 
sich bis ietzt zz Gewerbetreibende als Aussteller betheiligt. ln erster 
Linie stehen Tischlermeister Konzert, A. Colli mit lntarsienarbeiten,
	        
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