Ä
sich, für kürzere Distanzen geschaffen, die idealen Blattformen des Ran-
kenwerkes; auch ihre Linienführung entspricht vollkommen den For-
derungen unserer Sehwerkzeuge.
Auf den ersten Blick sollte es fast scheinen, dass die unabsehbare
Anzahl der Typen dieser Blätter in ihrer scheinbar verwirrenden Viel-
gestaltigkeit nur der regellosen Laune der Phantasie entsprungen sei.
Doch sind es gar wenige Urmotive, auf welche die sämmtlichen, auch
die complicirtesten Blattformen der Maureske in der Hauptsache zurück-
zuführen sind.
So wie die wenigen Zeichen des Alphabetes genügen, die überreichen
Schätze einer Sprache zur Vorstellung zu bringen, so reichen schon
einige, auf einfachste Art umrissene Flächen hin, durch ihre Combination
so vielfach variirte Zierformen zu schaEen, dass die Anzahl derselben
unerschöpflich erscheint und in Wahrheit nicht aufzubrauchen ist.
Einfache, blattähnliche Formen, gerade gestreckt, oder- rechts-
und linksseitig - einfach, doppelt und dreifach gekrümmt, dazu
Scheibchen von mehr oder minder kreisrunder Form, bilden den
gesammten Schatz der nothwendigen Urelemente der mauresken Blätter.
Durch das einfache Aneinanderfügen derselben, wobei sich ihre
Flächen theilweise auch decken können, wird allein schon das Schaffen
einer unbegrenzten Fülle von Zierformen ermöglicht.
Doch nicht in ängstlicher Weise, etwa einerseits die Regel als
bequemes Auskunftsmittel, anderseits als unbekämpfbares Gesetz in's
Auge fassend, verwendeten die Meister der Maureske dieses Verfahren,
welches wohl eben seiner verblüffenden Einfachheit halber von selbst zu
weiterer Bereicherung und Umbildung der Formen führte.
Das Hinzufügen von kleinen, die Wirkung belebenden Einzeln-
heiten, das Anbringen von Ausschnitten oder von Durchbrüchen, letztere
sehr häufig in der Form von mehr oder minder kreisrunden Perforationen
gestalteten die Formen derMaureske im höchsten Grade abwechslungsreich.
War bei dem mauresken Ornamente schon die directe Nachahmung
von Pflanzenformen vermieden und theilweise auch ausgeschlossen, so galt
dies in noch höherem Grade von Figuren, welche die Gestalt des Men-
sehen oder eines Wesens der Thierwelt hätten nachbilden können. Auf
einige der wenigen als Ausnahmen dastehenden Versuche, lebende Wesen
im mauresken Ornamente anzudeuten, soll noch zurückgekommen werden.
Es ist gewiss bezeichnend, dass die Europäer in den Mauresken
noch weniger derartige Gestalten schufen, als ihnen bei directer Nach-
ahmung von Ornamenten, welche der von Bekennern des Islams bewohnten
Levante entstammten, möglich gewesen wäre.
Als die Maureske in Europa in Fleisch und Blut übergegangen,
vollständig acclimatisirt und selbständig geworden war, hatte sich ihre
Modif-icirung in der Richtung vollzogen, dass die Anklänge an die styli-