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Objekt: Chemische Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 21

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Gruppe III. Chemische Industrie. 
hufs Wiedergewinnung von Fett aus Seifen, Wollwaschwässern und an- 
deren Abfallproducten empfohlen sind x ). 
Das zweite Product, welches bei der Verseifung der Fette auftritt, 
das Glycerin, war den Chemikern schon Jahrzehende bekannt, bevor 
man fette Säuren für Erleuchtungszwecke darstellte. Beim Kochen von 
Bleipflaster in der Apotheke zuKöping hatte es Scheele 1795 bemerkt 
und als einen unkrystallisirbaren, gährungsunfähigen, zumTheil unzer- 
setzt destillirbaren Zucker, als Oelsüss, charakterisirt 2 ). Aus seinen 
Beobachtungen ging unzweideutig hervor, dass es als Educt der Fette, 
nicht als Product auftritt; eine Reihe von verschiedenen Fetten lieferte 
dasselbe Oelsüss : ’), aber die abgeschiedene Oelsäure konnte aufs Neue 
verseift werden, ohne sich ganz oder theilweise in Glycerin zu verwan 
deln. Eine Erklärung des Verseifungsprocesses war hiermit noch nicht 
gegeben; wir verdanken sie den bereits oben erwähnten Untersuchun 
gen Chevreul’s, welche er 1811 begann und deren Resultate er 1823 
in seinem „ Reeller eines sur les corps gras d’origine animale 11 nieder 
legte. Die verseifbaren Fette, so lehrte Chevreul, zerfallen beim 
Zusammenbringen mit Alkalien und anderen starken Basen einerseits 
in Glycerin, welches im freien Zustande in der wässrigen Flüssigkeit 
gelöst bleibt, andererseits in eine oder verschiedene fette Säuren, unter 
denen Stearinsäure, Margarinsäure und Oelsäure am häufigsten auf- 
treten. Diese Verseifung erfolgt auch bei völligem Luftabschluss, aber 
trotzdem beträgt das Gewicht der erhaltenen Producte, das der fetten 
Säuren und des Glycerins zusammengenommen, 3 bis 5 p. C. mehr als 
das Gewicht des angewandten Fettes. Daher muss man annehmen, 
so schliesst Chevreul, dass eine gewisse Menge Wasser entweder als 
Ganzes oder seinen Bestandtheilen nach zu den Bestandtheilen des Fet 
tes tritt, um zur Bildung der Verseifungsproducte beizutragen. Die 
Fette sind den Aethern vergleichbar, nämlich Verbindungen von ver- 
') S. besonders Vohl, Dingl. pol. J. CLXXXV, 465; Wagn. Jahresber. 
1867, 705; und die Abhandl. eines ungenannten Verf., Dingl. pol. J. CVC, 
173; Wagn. Jahresber. 1870, 692. 2 ) „Verinuthlich ist es noch unbekannt, 
dass alle festen und ausgepressten Oele von Natur eine Süssigkeit haben, die 
durch ihr besonderes Verhalten und ihre Eigenschaft sich von den allge 
mein bekannten zuckerartigen Materien unterscheidet, welche das Ge 
wächsreich hervorbringt. Diese Süssigkeit zeigt sich, wenn man solche Oele 
mit Bleikalk und Wasser kocht, bis aller Bleikalk vom Oele aufgelöst ist, 
auf das entstandene Emplastrum Simplex wieder Wasser aufgiesst, ein paar 
Minuten kocht und nach dem Erkalten des Pflasters das oben aufstehende 
Wasser filtrirt und kocht, bis der Best so dick alsSyrup wird.“ C. W. Scheele, 
Opuscula II, 175; Crell’s ehern. Journ. IV, 190; Sämmtliche Werke, deutsch 
von Hermbstädt, Berlin 1793, II, 355. 3) wie A> w Hofmann, Chem. 
Soc. Quart. Journ. XIII, 71; Lieb. u. Kopp’s Jahresber. 1860, 452, später fest- 
steilte, treten auch dem Glycerin homologe Verbindungen nicht auf.
	        
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