Uebergang von der griechischen zur römischen Kunstform darstellen. Mit der Umwandv
lung des grossen Tempels oder vielleicht Mausoleums zu einem christlichen Dome begann
l seit dem achten Jahrhunderte die Zerstörung; aber den mittelalterlichen Baukünstlern
muss man wenigstens die Gerechtigkeit widerfahren lasseni, dass sie noch mit künst-
lerischer Pietat bei ihren Zubauten vorgingen und ist speciell der Thurm aus dem
15. Jahrhundert eines der werthvollsten Denkmäler romanischen Styles. Die eigentliche
Leidenszeit für den Dorn beginnt im 17. Jahrhundert unter venetianischer Herrschaft,
durch excentrisch in die Nischen einschneidende Altäre, Durchbrechung des prachtvollen
Relielfrieses unter der Kuppel, Anfügung eines kistenartigen Chores und noch mehrerer
anderen traurigen Einzelheiten. In dem Vestibulum ist jetzt ein Kaffeehaus, in dem Pro-
menadetracte ist ein Nonnenkloster eingebaut. Der Herzog von Ragusa, Marmont, hatte
zur Zeit der französischen Herrschaft die beste Absicht, durch Entfernung der Neubauten
die antiken Kunstwerke so viel als möglich zu retten. und dieselben loblichen Plane hegt
nun auch zu unserer Befriedigung die Centralcommission zur Erhaltung der Baudenkmale.
Sie wird bei der Durchführung auf die grossten Hindernisse stossen, die sie aber nicht
abschrecken mögen, denn es handelt sich hier um Wiedergewinn oder Verlust eines der
werthvollsten Vermächtnisse antiker Kunst. -
Am 24. Februar hielt Herr Professor Conze seinen Vortrag über wOlympia-i.
Der Gedanke, Olympia wieder auszugraben, der endlich jetzt von Seite Deutschlands zur
That wird, war als ein Vermachtniss Winckelmann's schon seit hundert Jahren rege. Nach-
dem Stuart und Revett mit ihrem grossartigen Werke über die attischen Alterthurner
hervorgetreten und Lord Elgin die Sculpturen der Akropolis nach London geschafft,
war auch bereits einmal, i824, von englischen Forschern, und das andere Mal durch die
Expedition scientifique de Moree zur Zeit der Occupation Griechenlands der Versuch gee
macht worden, den verborgenen Schatz an Denkmälern in der Ebene von Olympia zu
heben. Unter Konig Otto war es E. Curtius vergönnt, längere Zeit in Griechenland
zu leben und sich vollzusaugen mit Liebe für das Land, seine Geschichte und seine Kunst.
Seiner Beredsamkeit bei mehreren Vortragen in Berlin von den Vierziger Jahren her und
seiner Stellung als ehemaliger Lehrer des jetzigen Kronprinzen von Preussen haben wir
nun den Beginn der Ausgrabungen seit October des vergangenen Jahres zu danken. Mit
Hinblick auf die Unterstützung der Untersuchungen auf Sarnothrake durch die österreh
chische Regierung votirte der deutsche Reichstag dem Unternehmen 50.000 Thaler und
nach den wiederholten Berichten in den Zeitungen wurden unter Leitung des Professors
Hirschfeld und des jungen Architekten Bötticher bereits jetzt Funde zu Tage ge-
fordert, welche die aufgewandten Geldmittel bei weitem aufwiegen. Mit Hilfe eines grossen
Situationsplanes machte nun Professor Conze seine Zuhörer mit der Oertlichkeit der Un-
tersuchungen bekannt. Er besprach die physische Eigenthümlichkeit des Thales mit
seinem Alpheins-Flusse, dessen Ablagerungen bei den periodisch wiederkehrenden Ueber-
schwemmungen den Thalboden bereits um vier Meter erhöhten und mit dieser Schichte
eigentlich den besten Hüter der darunter begrabenen Kunstwerke abgaben. Jetzt entbehrt
die Gegend jeden landschaftlichen Reizes; wie ganz anders muss es aber damals gewesen
sein, als nach der Ueberflügelung des alteren Pisa durch die neue Hauptstadt Elis deren
reiche aristokratische Geschlechter den grossen Zeus-Tempel in der Nähe des Kronion-
Hügels zum Palladium der ganzen Landschaft, bald der ganzen griechischen Welt erhoben!
Professor Conze entrollte dann ein anschauliches Bild jener Glanzperiode nebst einer
kurzen Geschichte der Stadt und ihrer Tempel und verweilte hierauf eingehender beiden
Werken zweier Künstler, die während einer demokratischen Strömung in Elis aus Attika
berufen_wurden. Beide waren aus der Schule des Phidias; Paonios hatte in der Concurrenz
über seinen Genossen Alkamenes gesiegt und wurde der Schöpfer der vorderen Giebel-
gruppe am grossen Zeus-Tempel. Von letzterem Werke wurden bereits, neben vielen
anderen, mehrere Stücke gefunden und ist also jetzt der olympische Giebel der vierte
bekannt gewordene neben den Aegineten, der Parthenon- und der samothraltischen Gruppe.
Nachdem von den 50.000 Quadratfuss, welche für die heurige Campagne in Aussicht ge-
nommen sind, erst 14.000 abgegraben wurden, lasst sich noch eine reiche Ausbeute holten,
wenn erst der altere Hera-Tempel, die Schatzhauser und die Rennbahnen mit ihrer
Unzahl von Weihgeschenken und Statuen erforscht sein werden. Jene Bestimmung des
Vertrages, dass alle gefundenen Kunstwerke Eigenthum der griechischen Regierung ver-
bleiben und Deutschland sich bloss mit der geistigen Besitzergreifung begnügt, indem es
sich das Recht der Vervielfaltigung für fünf Jahre vorbehielt, fand bei dem grösseren
Publicum wenig Anklang. Doch ist es so wohl besser, als wenn die Denkmäler, falls
etwa wieder von einem anderen Staate in Tegea nach den Schöpfungen eines Skopas ge-
forscht werden sollte, in alle Welt zerstreut würden. Vielleicht kommt noch die Zeit,
dass in Griechenland selbst ein internationales Museum für die ausgegrabenen Schätze
antiker Kunst angelegt wird, und Griechenland wird wohl dessen Gründung" hoffentlich
gestatten.