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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 126)

Uebergang von der griechischen zur römischen Kunstform darstellen. Mit der Umwandv 
lung des grossen Tempels oder vielleicht Mausoleums zu einem christlichen Dome begann 
l seit dem achten Jahrhunderte die Zerstörung; aber den mittelalterlichen Baukünstlern 
muss man wenigstens die Gerechtigkeit widerfahren lasseni, dass sie noch mit künst- 
lerischer Pietat bei ihren Zubauten vorgingen und ist speciell der Thurm aus dem 
15. Jahrhundert eines der werthvollsten Denkmäler romanischen Styles. Die eigentliche 
Leidenszeit für den Dorn beginnt im 17. Jahrhundert unter venetianischer Herrschaft, 
durch excentrisch in die Nischen einschneidende Altäre, Durchbrechung des prachtvollen 
Relielfrieses unter der Kuppel, Anfügung eines kistenartigen Chores und noch mehrerer 
anderen traurigen Einzelheiten. In dem Vestibulum ist jetzt ein Kaffeehaus, in dem Pro- 
menadetracte ist ein Nonnenkloster eingebaut. Der Herzog von Ragusa, Marmont, hatte 
zur Zeit der französischen Herrschaft die beste Absicht, durch Entfernung der Neubauten 
die antiken Kunstwerke so viel als möglich zu retten. und dieselben loblichen Plane hegt 
nun auch zu unserer Befriedigung die Centralcommission zur Erhaltung der Baudenkmale. 
Sie wird bei der Durchführung auf die grossten Hindernisse stossen, die sie aber nicht 
abschrecken mögen, denn es handelt sich hier um Wiedergewinn oder Verlust eines der 
werthvollsten Vermächtnisse antiker Kunst. - 
Am 24. Februar hielt Herr Professor Conze seinen Vortrag über wOlympia-i. 
Der Gedanke, Olympia wieder auszugraben, der endlich jetzt von Seite Deutschlands zur 
That wird, war als ein Vermachtniss Winckelmann's schon seit hundert Jahren rege. Nach- 
dem Stuart und Revett mit ihrem grossartigen Werke über die attischen Alterthurner 
hervorgetreten und Lord Elgin die Sculpturen der Akropolis nach London geschafft, 
war auch bereits einmal, i824, von englischen Forschern, und das andere Mal durch die 
Expedition scientifique de Moree zur Zeit der Occupation Griechenlands der Versuch gee 
macht worden, den verborgenen Schatz an Denkmälern in der Ebene von Olympia zu 
heben. Unter Konig Otto war es E. Curtius vergönnt, längere Zeit in Griechenland 
zu leben und sich vollzusaugen mit Liebe für das Land, seine Geschichte und seine Kunst. 
Seiner Beredsamkeit bei mehreren Vortragen in Berlin von den Vierziger Jahren her und 
seiner Stellung als ehemaliger Lehrer des jetzigen Kronprinzen von Preussen haben wir 
nun den Beginn der Ausgrabungen seit October des vergangenen Jahres zu danken. Mit 
Hinblick auf die Unterstützung der Untersuchungen auf Sarnothrake durch die österreh 
chische Regierung votirte der deutsche Reichstag dem Unternehmen 50.000 Thaler und 
nach den wiederholten Berichten in den Zeitungen wurden unter Leitung des Professors 
Hirschfeld und des jungen Architekten Bötticher bereits jetzt Funde zu Tage ge- 
fordert, welche die aufgewandten Geldmittel bei weitem aufwiegen. Mit Hilfe eines grossen 
Situationsplanes machte nun Professor Conze seine Zuhörer mit der Oertlichkeit der Un- 
tersuchungen bekannt. Er besprach die physische Eigenthümlichkeit des Thales mit 
seinem Alpheins-Flusse, dessen Ablagerungen bei den periodisch wiederkehrenden Ueber- 
schwemmungen den Thalboden bereits um vier Meter erhöhten und mit dieser Schichte 
eigentlich den besten Hüter der darunter begrabenen Kunstwerke abgaben. Jetzt entbehrt 
die Gegend jeden landschaftlichen Reizes; wie ganz anders muss es aber damals gewesen 
sein, als nach der Ueberflügelung des alteren Pisa durch die neue Hauptstadt Elis deren 
reiche aristokratische Geschlechter den grossen Zeus-Tempel in der Nähe des Kronion- 
Hügels zum Palladium der ganzen Landschaft, bald der ganzen griechischen Welt erhoben! 
Professor Conze entrollte dann ein anschauliches Bild jener Glanzperiode nebst einer 
kurzen Geschichte der Stadt und ihrer Tempel und verweilte hierauf eingehender beiden 
Werken zweier Künstler, die während einer demokratischen Strömung in Elis aus Attika 
berufen_wurden. Beide waren aus der Schule des Phidias; Paonios hatte in der Concurrenz 
über seinen Genossen Alkamenes gesiegt und wurde der Schöpfer der vorderen Giebel- 
gruppe am grossen Zeus-Tempel. Von letzterem Werke wurden bereits, neben vielen 
anderen, mehrere Stücke gefunden und ist also jetzt der olympische Giebel der vierte 
bekannt gewordene neben den Aegineten, der Parthenon- und der samothraltischen Gruppe. 
Nachdem von den 50.000 Quadratfuss, welche für die heurige Campagne in Aussicht ge- 
nommen sind, erst 14.000 abgegraben wurden, lasst sich noch eine reiche Ausbeute holten, 
wenn erst der altere Hera-Tempel, die Schatzhauser und die Rennbahnen mit ihrer 
Unzahl von Weihgeschenken und Statuen erforscht sein werden. Jene Bestimmung des 
Vertrages, dass alle gefundenen Kunstwerke Eigenthum der griechischen Regierung ver- 
bleiben und Deutschland sich bloss mit der geistigen Besitzergreifung begnügt, indem es 
sich das Recht der Vervielfaltigung für fünf Jahre vorbehielt, fand bei dem grösseren 
Publicum wenig Anklang. Doch ist es so wohl besser, als wenn die Denkmäler, falls 
etwa wieder von einem anderen Staate in Tegea nach den Schöpfungen eines Skopas ge- 
forscht werden sollte, in alle Welt zerstreut würden. Vielleicht kommt noch die Zeit, 
dass in Griechenland selbst ein internationales Museum für die ausgegrabenen Schätze 
antiker Kunst angelegt wird, und Griechenland wird wohl dessen Gründung" hoffentlich 
gestatten.
	        
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