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Leuchter, Glocken und Anderes, wie der treffliche getriebene Weinkühler
von Lind - legen Zeugniss ab eben so wohl von dem Empfindungs-
geiste wie von der sorgfältigen Ausführung bis auf die letzte Ciselirung.
Hier tritt mitwirkend ein die Ciselirschule des Museums unter Schwarz,
so wie der vollendete Guss von Turbain den Ansprüchen des Künstlers
entgegenkommt.
Aber est ist nicht mehr die Fachschule des Museums allein, welche
diesem und verwandten Zweigen der Industrie helfend zur Seite tritt.
DieWeihnachts-Ausstellung verschafft uns auch die Bekanntschaft anderer
jüngerer Kräfte unter den Bildhauern, welche gerade diese Lücken der
Kunstindustrie ausfüllen oder auszufüllen im Stande sind. Man wird mit
Vergnügen die kleinen Terracottengruppen J. Beyers betrachten und
macht in August Schwenzer die Bekanntschaft eines neuen, höchst be-
achtenswerthen Talentes von durchgebildeter Schule. Seine leider nur in
Gips ausgeführte Statuette der Psyche ist ein Figürchen von sympathischem
Reize, eben so fein wie anmuthig, während ein weiblicher Portraitkopf
mit seiner zarten und individuellen Behandlung ganz an die florentinischen
Künstler der Früh-Renaissance erinnert. Wer sich z. B. eines lange im
österreichischen Museum befindlichen Marmorkopfes von Desiderio da
Settignano (Eigenthum des Hofes) erinnert, der wird hier eine verwandte
Künstlernatur begrüssen. _
Während man in der Bronzeindustrie, so sehr sie durch die Krisis
quantitativ gesunken ist, doch bereits die bestimmten Richtungen zu er-
kennen vermag, welche den Rahmen der Aufgaben auszufüllen haben, ist
das bei den Gold- und Silberarbeiten, bei der eigentlichen Bijouterie, viel
weniger der Fall. Hier giebt es Aufgaben zu lösen, die kaum angerührt
worden sind. Man hat sich z. B. schon viel um grosse, imponirende
Tafelaufsätze, mächtige Fruchtschalen, armreiche Candelaber bekümtnert
und hat in dieser Beziehung viel Verfehltes und auch schon Gelungenes
geschaffen. Auch die Ausstellung zeigt in dieser Art ein paar trefflich
ausgeführte, in den oberen Theilen jedoch mehr als in den unteren ge-
lungene Girandolen aus der Berndorfer Fabrik von Schöller 8! Cornp.
Um das Geräth aber, welches man auf der Tafel in die Hand nimmt, um
Messer, Gabel und Löffel, hat sich eigentlich noch kein Künster bemüht,
kein Industrieller den Versuch gemacht, hier anderen als geschäftlichen
oder herkömmlichen Gesichtspunkten zu folgen. Was bei uns davon ge-
macht wird, ist alles Schablone. Die Aufgabe ist auch nicht leicht: erstens,
weil, wenn irgendwo, hier das Handliche, die Zweckmässigkeit der erste
Gesichtspunkt ist, und zweitens fehlt es fast ganz und gar an brauchbaren
Vorbildern aus der Vergangenheit. Die Ursache ist, dass die feinere
Tischsitte erst in neuerer Zeit ausgebildet worden, und mit der Sitte
stehen Form und Gebrauch in engster Verbindung. Niemand ist so streng
und formell bei Tische wie die Engländer, und sie haben die Sitte so
zur Etiquette gemacht, dass sie sich gar nicht denken können, Andere