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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe III (1888 / 5)

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NeEen bewohnte Luca della Robbia gemeinsam ein Haus in der Via 
Guelfa bis an seinen Tod. Das Leben des alten Junggesellen scheint 
niemals einen starken Wellenschlag gehabt und auch keine unlauteren 
Schlacken je ausgeworfen zu haben; die reine Ruhe des Gemüths, die 
keusche lnnigkeit und Natürlichkeit der Empfindung, die über allen 
seinen Werken ruht, ging wohl auch als stiller Segen durch seine 
Existenz, welche keine heftigen Wünsche und Leidenschaften aufregten 
und die vornehmlich in der stetigen künstlerischen Arbeit ihr Genügen 
fand. Daher auch die Fruchtbarkeit der letzteren in ruhiger Ausbreitung, 
aber ohne merklich aufsteigende Linie. 
Das erste, weltberühmte Werk Luca della Robbia's ist eine jener 
beiden Orgelbalustraden, welche über den Sacristeithüren im Dom 
von Florenz die Sänger und Musiker aufnehmen sollten. Er begann damit 
143i, und muss schon weit in der Arbeit darin gewesen sein, als Dona- 
tello 1433 den Auftrag für die zweite Balustrade erhielt. 
Es war dies ein origineller und doch natürlicher Gedanke, die 
Brüstung der Musik-Emporen mit Figuren zu bevölkern, welche das 
Leben der Musik selbst und ihre elektrisirende Einwirkung in der gefäl- 
ligsten Weise versinnlichen. Meister Luca löst sein Thema in einzelne, 
reizvolle Situationsbilder auf. Reifere Knaben und Mädchen, dazu eine 
ganze Schaar von munteren, ausgelassenen Kindern bilden sein Personal. 
Die ersteren nehmen die Aufgabe des Singens mit vertheilten Stimmen 
sowie jene des Musicirens mit Instrumenten sehr ernsthaft; besonders 
anziehend sind die Sängerknaben mit ihrem Bemühen, Takt zu halten, 
dann andere jugendliche Sänger mit dem entrollten Notenblatt, ferner das 
reizende Genrebild des Kirchenconcertes mit Handorgel, Harfe und Laute 
inmitten des aufmerksam lauschenden Kreises. Von einer gewissen feier- 
lichen Lieblichkeit ist die Gruppe der Jungfrauen, welche Mandolinen 
spielen, auch als Gewandfiguren sehr schön. Nun aber die Kinder! Diese 
sind nicht zu halten. Ihnen fahren zunächst die Trompetentöne, der 
Schall der Pauken und kleinen Trommeln wie ein Tonrausch durch die 
Glieder; sie werden so muthwillig, wie es der plastische Kinderfreund 
nur immer brauchen mag; 'sie necken und locken einander, spielen 
Fangens und Versteckens, schlingen einen Ringelreigen u. dgl. m. Dona- 
rello hat in dem Gegenbild der anderen Balustrade die darzustellende 
Aufgabe allgemeiner, aber dabei mit großer, genialer Einsicht für die 
in's Ganze gehende Reliefwirkung gefasst. Er componirte ein plastisches 
Scherzo, das in derselben, scharf einsetzenden Tonart sich weiter wirbelt 
- in seinem, die Brüstung umgürtenden Kindertanz ist ein ununter- 
brochener Zug. Donatello beßügelte seine Kinder, um das rauschende 
Leben dieser plastischen Dynamik mehr hervorzuheben. Es fällt schwer, 
die beiden herrlichen Werke, die man jetzt im Bargello neben einander 
sehen kann, nach ihrem absoluten künstlerischen Werthe abzuschätzen. 
Die Nachwelt - oder, wollen wir sagen, unsere Mitwelt, welche gegen-
	        
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