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wärtig Italien bereist und die Sammlungen gegen die am Tourniquet zu
entrichtende Taxe von einer Lira beguckt - gibt Luca della Robbia
entschieden den Preis und ignorirt daneben fast das Werk Donatellds.
Man weiß, in welchem Maße das moderne Publicum das sogenannte
"sympathischen Kunstwerk in seine unbedingte Gunst nimmt, wenn es
einmal dessen Aufmerksamkeit gefesselt hat.
In die nächste Folgezeit fallen einzelne mehr episodische Leistungen;
zuvörderst die Reliefs in der oberen Reihe des Campanile des Doms,
welche sich dem allegorischen Cyklus nach dem Entwurfs Giottds
anschließen sollten: die Personificationen der Grammatik durch Donatus,
der Philosophie durch Plato und Aristoteles, der Astronomie und Geo-
metrie durch Ptolomäus und Euklid, dann der Tonkunst durch eine
musicirende Figur. Diese Arbeit fällt in's Jahr 1435 und darüber hinaus.
Luca redet da ganz anspruchslos im Stile Giotttfs weiter, und verräth
sich nur in leiseren Zügen freierer Formbehandlung als ein Mensch der
Renaissance. Wie anders rührt sich Donatello in den Nischen eine Etage
höher als entschiedener plastischer Neuerer: in seinem Johannes dem
Täufer, dem Salomo und vor Allem dem höchst charakteristischen
nZucconen, der für König David gelten soll! - Der Marmoraltar für die
Peterscapelle des Doms, welcher 14.38 dem Luca aufgetragen wurde, kam
nicht über das Modell und zwei unvollendete Reliefs hinaus, die sich
gegenwärtig im Bargello befinden: die Befreiung Petri und seine Kreu-
zigung, beide der Weise Ghiberti's sich nähernd.
Wir stehen nun, zu den Räumen des Florentiner Doms uns zurück-
wendend, vor einem höchst merkwürdigen, großen Werke des Meisters:
es ist die Bronzethür der Sacristei, welche er 1446 (gemeinsam mit
Michelozzo und Maso diBartolommeo) in Arbeit nahm und sehr spät erst
beendigte. Ursprünglich hätte Donatello diese Thorflügel machen sollen;
da er aber nicht im Worte blieb, bekam Robbia die Arbeit, die sich
aber ganz seltsam verschleppte ").
') Die Geschichte dieses Werkes birgt trotz aller archivalisch festgestellten Daten
ein Rathsel in sich. C. F. von Rumohr (Italien, Forschungen II, S. 363-372) machte
zuerst auf die hieher gehörigen Belege aufmerksam (Arehivio dell' opera del Duomo
di Firenze, Libro: nAlloghagioni delopera di Santa Maria del Fiore.... cominciato anno
1438:). Das erste Notariatsprotokoll der Bestellung auf die Bronzethür der Sacristei
ist vom 18. Februar 1446 datirt. Ausdrücklich ist dort der lnhalr der Darstellung vor-
geschrieben: nNel prima da man ritta la rigura di nostra donna col figliuolo in braccio,
nell'altru la iigura di santo Giovanni batista. Et inciaschuno degli altri quadri, che
reslano ottu, la ftghura de vangelisti e dottori della chiesa. E ciaschuno con due angio-
letti ritti dallato fatti di mezo relievom Der Meister wich nur in dem einen Punkt von
der Vorschrift ab, dass er an die Stelle Johannes des Taufers einen Christus über dem
Grabe setzte. - Nach Rumohr's Annahme ware nun der Rohguss jener Thüre mit
ihren Reliefs bereits im Februar 1448 vollendet gewesen, weil ein anderes Docurnent
dem Gießer Michelozzo das übrig gebliebene Erz für eine weitere Verwendung überweist.
Dennoch stellt es sich noch im Jahre 146! heraus, dass die vorhandenen Theile der Erz-
S.