von der eben bezeichneten, geschlossenen Composition - allerdings in
phantasiereicher Weise - wieder abwich.
Die Unterwand, die am Sockel und den Seitentheilen mit den
schönsten Ornamenten in kalligraphischen Linienzügen, in Blätter- und
Blüthencombinationen verziert ist, erscheint an dieser Stelle bedeutend
niedriger als sonst. Das mittlere Tabernakel ist diesmal von ornamentirten
Pilastern statt der Säulen eingefasst, und schließt mit einem geraden
Gebälke über einer Attica ab. Die letztere füllt in schönster Umrahmung
ein Breitbild aus, das eine bacchische Scene verführt. (Vergl. vol. XII.
tav. XXII. i.) Unten im Wandspiegel steht wieder jenes echt hellenistische
Ornamentgewächs, in dessen Mitte aus einer Knollenbildung eine weib-
liche Gewandligur aufsprießt; sie greift mit beiden Händen in die
schwungvoll bewegten Ranken, die dann über ihrem Haupte, von
welchem noch ein Stengeltrieb in die Höhe strebt, zusammenschlagen.
Auf dem Gesimse des Mittelbaues steht nun eine ziemlich hohe Brlistungs-
mauer, über welche hinaus man den Ausblick auf eine hintere Decoration
gewinnt. Zu beiden Seiten der Brüstung sind gleichsam die Prosceniums-
wände jener Decoration in die Höhe gebaut, mit Statuetten am Rand.
Der Prospect zeigt eine phantastische Säulenarchitektur mit doppelten
Gebälkcurven, inmitten eine geflügelte Fraueniigur. Hier und in den
anderen früheren Fällen hat Architekt A. Sikkard die Motive der oberen
Wanddecoration aus den nur schwer erkennbaren Contouren glücklich
errathend wiederhergestellt.
Das eben besprochene Compartiment gehört noch der inneren Ab-
theilung des Zimmers, dem angeblichen "Alkoven: an; bedeutsam jedoch
für unsere vergleichende Betrachtung ist besonders die längere Vorder-
wand, jenseits des bekannten, hohen Trennungspilasters. (A. a. O. voLXll.
tav. XVlX.) Die constituirenden Motive der Anordnung sind dieselben,
wie auf der Langseite des Zimmers 4, aber der dort gerügte Fehler der
zerrissenen Composition ist hier glücklich vermieden. Eine Art Prostylos
mit ungleichen Intervallen, statt der an jener Wand vereinzelten drei
Tabernakel oben mit einem gemeinsamen Gebälk und einer schmuckreich
bekrönenden Sima abschließend, bildet das übersichtliche architektonische
Gerüste: das untere Wandgesims läuft beiderseits hinter den Säulen
gegen die mittlere Bildnische an, die sich pfortenartig weit öffnet, von
einem prächtigen Ornatuentbogen liberwölbt; zwischen jenem Wandgesims
und dem oberen Gebälk geht die Bilder-Attica hin, nur durch den
Mittelbogen unterbrochen.
Das Hauptbild in der Mittelnische ist wohl das glänzendste Wand-
gemälde in der Casa Farnesina. (Vergl. vol. XII. tav. XXI.) Eine maje-
stätische Frau, hoch bekrönt, sitzt auf einem Prachtsessel, einen ver-
zierten Schemel unter ihren Füßen. Hinter ihr eine Dienerin, die ihr mit
anmuthigster Geberde einen Schleier um's Haupt legt. Vor ihr - die
Beine übereinandergeschlageit, die eine Hand in die Hüfte gestemmt, mit