Im farnesinischen Haus, dessen Decorationsweise geradezu die
classische Mittelhöhe des Architekturstils bezeichnet, finden wir nun -
von den ausweichenden Nuancen abgesehen - der Hauptsache nach
zwei decorative Systeme durchgeführt:
das eine ist das der Umfriedung eines Interieurs durch niedrigere
Pracbtwände mit Säulenarchitekturen und Bildnischen, über deren Ge-
simsen, Giebeln und sonstigen Bekrönungen erst scheinbar dahinter ge-
in Gallien in seinem Hause auf dem mons Caelius aus. Das Meiste von dem Marmor-
prunk in den Hausern der Vornehmen war Spolie der Welteroberung, in Griechenland und
im Orient zusammengeraßt; vals nach der Ausbeutung der Provinzen die fremden alten
Kunstwerke immer seltener und kostbarer wurden, und die Thatigkeit der lebenden
Künstler nicht ausreichte, um der allgemeinen Liebhaberei nach Bildern und Bildwerken
für Wandverzierungen Genüge zu leisten: da kam man wieder auf die eigentliche Wand-
malerei zurüek , die aber das gegebene Motiv der vorhergegangenen lncrustations-
Decoration in sich aufnahm, zugleich mit anderen Elementen, die sehr deutlich auf
alexandrinischen Ursprung zurückweisen-i. (Semper, nDer Stils, I. Bd. Q. St.) Kurz vor
Augustus und unter demselben hatte sich iener edle Decorationsstil der Skenographie
herausgebildet, den Plinius nanmuthig und nicht theuer- findet; eine Musterleistung
dieses Stils war jedenfalls die Casa Farnesina. Der erste Herrscher aus dem julischen
Geschlecht war - wie Sueton bezeugt - in seinem Wohnungsbedürfniss noch einfach,
und sein Beispiel scheint auf einige Zeit Maß und Haltung in den Durcbschnittsgeschmack
gebracht zu haben. Aber schon die nächste Folgezeit gibt Plinius Anlass zu seiner Klage
über den Verfall der Wandmalerei, die nun ganzlich durch die gleißende, polylithe De-
coration verdrangt sei. Die Hauptstelle für die Charakteristik dieses Luxua, namentlich
was die Ausstattung der Privat-Badegemaeher betrifft, findet sich bei Seneca im 86. Brief.
Er schrieb denselben in der Villa des Scipio Africanus; die Schlichtheit ihrer Anlage
und der gemeine Mauerputz der Wande vergegenwartigt ihm die gute, alte, mäßige Zeit
im Gegensatz zu dem üppigen Rafünement der eigenen Epoche. -Wer ertrüge es jetzt,
sich so zu baden? Arm und erbarmlich glaubt sich nun Jeder eingerichtet, wenn nicht
an den Winden alexandrinischer Marmor rnit numidischen Tafeln contrastirt, wenn nicht
eine kunstvolle, und nach Art der Malerei in Farben wechselnde Bordüre (operosa et in
mndum picturae variata circumlitio) überall die Marmorfelder bunt umsäumt, wenn nicht
die Decke hinter Spiegelglas unsichtbar wird, wenn nicht Tliasisches Gestein - einst
selbst in Tempeln ein seltener Anblick -- die Bassins umgibt, in welche wir unsere
ausgemergelten Körper versenken, um durch silberne Hahne das Badewasser auf sie
ausströmen zu lassenu Diese prunkvolle Künstelei der Steinvertafelung war tonangebender
Hofgeschmack unter Claudius und Nero. Man überbot sich in neuen Conibinationen, ver-
wendete die ägyptische Breccia neben dem Pavonazetto aus Phrygien, dem honiggelben
orientalischen Alabaster und dem Schlangenmarmor (ophites), der aber z. B. in dern
kleinen, prachtvollen Bade, das sich Claudius Etruscus erbaute, als ezu oft gesehen.
nicht mehr in Verwendung kam (Statius Silv. l. 5, 36); man ging_ ferner so weit, -mit
dem Gestein zu malenu, die nicht vorhandenen Adern und Drüsen anderer bunter Stein-
arten in die Marmortafeln einzulegen u. s. f. Das palatinische Museum weist noch jetzt
eine sehr reiche Sammlung der verschiedensten Marmorsorten auf, die in den Casnrcn-
palasten gefunden wurden - und wie viel wurde nicht inzwischen für den Kirchen-
schmuck verwendet! Dennoch ließ sich trotz ienes Modeluxus (vergl. darüber L. Fried-
lander's Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms III. S. 76-too) die gemalte
Wanddecoration ihre weitere Entwickelung nicht sn ganz unterschlagen, wie es
Plinius meint: und der edlere Kunstsinn reagirte immer wieder gegen den blns außer-
lichen Prachtsinn.