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Schwierigkeiten entgegenstehen, als die kunstverständigen Elemente der
mährischen Bevölkerung auch materiell in der Lage sind. sich ihren
Bedarf an kunstgewerblichem Hausrathe von Auswärts zu decken, während
das minder begüterte Publicum dort wie anderwärts leider noch immer
die Kunst im Gewerbe eben nur als entbehrliche Luxuszuthat betrachtet.
Es finden sich wohl unter den Ausstellern auch Manche, die den Schwer-
punkt ihrer Production gerade nach der künstlerischen Seite nach Wien
verlegt haben, doch ist ihre Zahl gering gegenüber der Masse der aus-
schließlich in Mähren und mit gebürtigen Mährern arbeitenden Indu-
striellen. Es verdient ferner sofort hervorgehoben zu werden, dass die
wesentliche Stütze der rnährischen Industriellen in diesem Ringen nach
selbständiger Begründung und Ausbildung einer heimischen Kunstindustrie
das mährische Gewerbemuseum bildet; man ersieht dies schon daraus,
dass in der Regel gerade die besten Ausstellungsgegenstände durch bei-
gelegte Zettel als Arbeiten nach unmittelbaren Mustern in den Samm-
lungen oder wenigstens nach Vorlagen des Brünner Museums bezeichnet
erscheinen. Diesen Verhältnissen entsprechend darf man bei einer kriti-
schen Beurtheilung dieser Ausstellung nicht blos den absoluten Maßstab
der Güte an und für sich anlegen, sondern muss auch die Frage in
Rechnung ziehen, ob die einzelnen Aussteller es nicht etwa mit neuen
und ungewohnten Stoffen oder Techniken zu thun hatten, und in welchem
Grade sie ihren Vorbildern und ihren künstlerischen Absichten nahe-
gekommen sind.
Eine solche Abwägung muss beispielsweise schon bei Betrachtung
der ausgestellten Arbeiten in Edelmetall und Biiouterien platzgreifen.
Diese Gruppe ist nur durch zwei Industrielle vertreten, von denen der
eine mit größeren Mitteln und auswärtigen Kräften arbeitet, und in Folge
dessen mitunter viel bessere Leistungen aufzuweisen vermag, als der
andere, zu dessen Gunsten aber angeführt werden muss, dass er mit aus-
schließlich eigenen Mitteln emporzukornmen und selbständige Wege zu
gehen trachtet. Die kleine Ausstellung des Letzteren zeigt in Folge dessen
einen zwar künstlerisch minder hervorragenden, aber mehr einheitlichen
und persönlichen Charakter, während die zahlreichen Arbeiten des Ersteren
an künstlerischem Werthe äußerst ungleich sind. Der geringen Vertretung
der Biiouterie entspricht auch der Mangel an eigentlichen Werken der
höheren Goldschmiedekunst, namentlich der kirchlichen, überhaupt jener
damit zusammenhängenden Techniken, die wie das Emailliren eine höhere
kunstgewerbliche Ausbildung im Einzelnen zur Voraussetzung haben.
Besser steht es mit der Verarbeitung der unedlen Metalle, namentlich
des Eisens. An schmiedeeisernen Gebrauchsgegenständen von vorzüglicher
Arbeit ist kein Mangel, ebensowenig an Abgüssen mit Verkleidung in
Silber, Nickel, Messing und Kupfer. In eigentlichen Originalarbeiten in
Kupfer, Zinn, Bronze u. s. w. ist aber eine Lücke, die mit dem Münchener
Seitz ausgefüllt werden musste.
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