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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XI (1876 / 135)

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LX Entwicklung des gewerblichen und mercantilen Unterrichts. 
Nur mit einigen Worten mag hier einiger Anschauungen über gewerbliches Schul- 
wesen gedacht werden, denen die Unterrichtsverwaltnng am Häufigsten begegnet 
und die einem reellen und consequenteu Vorgehen manche Schwierigkeiten bereiten. 
Ein Theil des Publicums pflegt die Leistungsfähigkeit der „niederenB gewerb- 
lichen Üntt-rrichtseinrichtungen, den unmittelbaren Einfluss derselben auf Industrie 
und Gewerbe hin und wieder zu überschätzen; es glaubt an Wunder auf diesem 
pädagogischen Gebiete und hält namentlich llnterrichtserfolge durch eine Schnell- 
dressur für möglich, die oft in zehn- und zwanzigfaicher Zeit nicht einmal erzielbar 
wären. Die Natur der Sache bringt es mit sich. dass in Dingen gewerblichen 
Schulwesens mehr Laien mitsprechen, als in jedem anderen pädagogischen Zweige; 
und hierin liegt eine Gefahr. Den Laien fehlt meist der Massstab dafür, wie viel 
Lehrstoff innerhalb einer bestimmten Zeit bewältigt werden kann. Sie meinen an 
Fülle des Lehrstolles des Guten niemals genug thun zu können. Der [Tnterrichts- 
verwaltung sind Entwürfe von Lehrplänen abendlicher Fortbildungsschulen zu 
Gesiehte gekommen, wo den Lehrlingen nach. physisch abspannender Tngesarbeit 
in 6 bis Swöcchentlichen Abendstunden so ziemlich das ganze Gebiet der Arith- 
metik, Geometrie, Physik und Chemie etwa im Umfange wie an (lbcrrealschulen 
erschlossen. Handels- und Wechselrecht tradirt, Einiges von den Lehren der Na- 
tionalükonnmie beigebracht, Zeichenunterrieht ertheilt und schliesslich die Theorie 
eines Industriezweiges gelehrt werden wollte. 
Je schöneren Erwartungen sich dann das grosse Laienpuhlikum bezüglich 
der bahnbrechenden Wirkung einer gewerblichen Schule, „an der so viel gelernt 
werden kann", hingiht. desto grösser die Enttäuschung, wenn die Schiller von Allem 
Nichts lernen, weil sie schon in der zweiten Lehrstunde dem Unterrichte nicht 
mehr zu folgen vermögen und darum von Woche zu Woche unregelmässiger zur 
Schule kommen, und schliesslich ganz ausbleiben. Man darf sich keiner Illusion 
darüber hingeben, dass solche Vorkommnisse bereits in weiten Kreisen der Bevöl- 
kerung das gewerbliche Schulwesen überhaupt discreditirt haben. und dass den jetzt 
in der Entwicklung begriffenen wirklichen Gewerbeschulen manche Vorurtheile 
entgegenstehen, Vorurtheile, welche durch Verwechslungen begtinstiget werden, da 
manche jener grossartig geplanten und leistungsunfähigen abendlichen Fortbildungs- 
schulen sich zur Vermehrung der Confusion den stattlicher klingenden Namen "Ge- 
werbeschule" beilegen. 
Die sachverständigen Schulmanner sind in Österreich wie anderwäns längst 
darüber einig, dass an niederen gewerblichen Schulen, denen nur wenige Abend- 
stunden der Wochentage und allenfalls einige Vormittagsstunden der Bonntage zur 
Verfügung stehen, nur durch Beschränkung auf den Wiederholungsunterricht 
aus den Gegenständen der Volksschule und auf den Zeichenunterricht sich Reelles 
leisten lässt. Höchstens können unter ausnahmsweise günstigen Verhältnissen bei 
vorgeschritteneren Schülern mit dem Unterrichte im Fachzeichnen, noch einige 
Unterweisungen aus dem Gebiete der Technologie oder der Styllehre verbunden 
werden. 
Hiemit sind die Grundsätze skizzirt, von welchen bei Bewilligung von Sub- 
"ventionen die Unterrichtsverwaltungl geleitet wird. Auch geht aus dem Gesagten
	        
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