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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1897 / 10)

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Die heraldischen Motive, die das Dessin unseres StoEes zwischen 
je zwei (um einiges größeren) vegelabilischen Motiven aufweist, sind die 
nachfolgenden: der (rothe)') Löwe von Leon, der (goldene) Thurm von 
Castilien, der (schwarze) Löwe von Flandern, der (rothe) Adler von 
Tirol und der gekrönte kaiserliche Doppeladler mit dem roth-silber- 
rothen Bindenschild Oesterreichs auf der Brust b). Zu diesen heral- 
dischen Figuren gesellen sich auf unserem Brocat als emblemartige 
Dessinmotive noch die beiden, von einemßpruchband umschlungenen 
vPlus-Ultrav-Säulen Carl V., - ein Emblem, das sich auch auf 
Carl's Nachfolger sowohl aus der habsburgischen, wie der bourbonischen 
Dynastie weitervererbte und demgemäß für die Datirung unseres Stolfes 
ebenso belanglos ist, wie die angeführten Wappenbilder, - und (auf 
unserem Muster, von oben aus gerechnet, im dritten Horizontalstreifen) 
zwei gekrönte Monogramme, die für die Datirung des StoEes den 
Ausschlag geben: 
I 
Das erste dieser Monogramme ist der bekannte, aus den Buchstaben 
P, H, l, L, U, S bestehende Namenszug, den, wie die spanischen Münzen 
beweisen, sämmtliche spanischen Könige Namens Philipp geführt haben. 
Dass es sich hier nur um König Philipp II. handeln kann, bestätigt vor- 
erst eine Stilkritik des Dessins: abgesehen von einer Reihe für die Orna- 
mentik des 16. Jahrhunderts charakteristischer Details, - wie der kleinen 
Vogelügur, die sich an dem einen Pflanzenmotiv der den Doppeladler 
aufweisenden Zone vorlindet, oder der Schlange, die sich um den Granat- 
apfelzweig der zweiten Reihe windeg-abgesehen ferner von dem relativ 
großen Naturalismus der vegetabilischen Motive , spricht vor Allem der 
Umstand, dass der Stoff ein Streumuster aufweist, für die Epoche des 
zweiten Philipp, und speciell für die erste Zeit seiner Regierung. Die 
Textilkunst der Renaissance hat bekanntlich den Streublurnendecor, der 
4) Die in Kllmmern beigeletzten Farbenbezeichnungen bedeuten die heruldisch 
richtige Farbe der betreffenden Figur; auf unserem Steife ist dieselbe in Folge des 
Wechsels der Farben nicht stets zutrelfend wiedergegeben. 
5) Alle diese Wnppenbilder gehören noch heute dem königl. spanischen Wippen 
an, doch führte und führt nltürlicherweise der Ktlnig von Spanien nicht den kaiser- 
lichen Doppeludler, sondern nur den österreichischen Bindenuchild (als Erinnerungswnppen) 
im Schilde. Hier sei bemerkt, dlss hernldisch gemusterte Steife bekanntlich namentlich 
im I4. Jnhrhundert gern zu Kleidern verwendet wurden; vergl. beispielsweise bei Falke, 
-Costumgeschichtel, die ngelheilte Trncht- unter Figur 150, oder ebenda, Fig. 184, den 
Lowenbestreuten Witfenrock Günther's von Schwnrzburg. Zu Anfang des I6. Jahrhun- 
dem kommt dlnn die Sitte der wnppengeschmückten Kleiderstoße für etwa ein Jahr- 
hundert von Neuem euf, doch spielen jetzt die hereldiechen Motive nicht mehr die domi- 
nirende Rolle im Dessin; vergl. z. B. du Kleid der Kaiserin Maria Blnnca (Sforu), 
zweiten Gemahlin Keiner Mnximililn l., bei Falke, Fig. 214.
	        
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