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Der Hessische Willkomm. Ein Prachtpocal von 157i im Schloss zu Dessau.
Beitrag zur Kunst- und Sittengeschichte des 16. Jahrhunderts von
Dr. C. Alhard v. Drach. Marburg, Elwerfsche Verlagsbuchhandlung,
1890. h.- o. VI, 32 S.
Der um die Kunstgeschichte Hessens mannigfach verdiente Verfasser fand vor
einigen Jahren in den Verzeichnissen des hessischen Silberschatzes Mittheilungen über
einen jetzt verschollenen Willkomm, die schon durch die auf die Entstehung des Stückes
sich beziehende Inschrift Interesse erregen mussten. Im weiteren Verlaufe seiner Studien
ergab sich das Vorhandensein eines zweiten Exemplares des Pocals im Schlosse zu
Dessau und auch die sichere Deutung jener Inschrift. Sie besagt nämlich: Fürst Joachim
Ernst von Anhalt habe von Landgraf Wilhelm zu Hessen das Pruniren gelernt und
den Willkomm als Lehrgeld bezahlt. Das Wort Pruniren nahm der hessische Geschichts-
schreiber Rommel für Bruniren, und berichtete, dass der eine Fürst dem andern Unter-
richt in der Kunst. Vergoldungen zu poliren, ertheilt habe. Diese sonderbare Erzählung
wird durch die eine Halfte des Figurenfrieses an der Cuppa widerlegt, die drei Herren
beim Kartenspiele zeigt, und in der That hat, wie Prof. v. Drach urkundlich beweist,
der Goldschmied das ihm vorgeschriebene Wort Primiren falsch gelesen; Primircn ist
ein Kartenspiel, über dessen Regeln hatte sich zwischen den beiden verschwkgerten
Fürsten ein Streit entspannen, der einem Collegium von Sachverständigen am kaiser-
lichen Hofe zur Entscheidung vorgelegt wurde; die Berathung dieser Herren in Prag
- namhaft gemacht sind in den Acten ein Herr von Pernstein, wohl der Kanzler von
Böhmen, Wilhelm Freih. v. P., 1- 1582, ein Herr von Kinsky, wohl der Burggraf von
Karlstein, Johannes K., und ein Herr von Ursperg (Auersperg) - ist auf der anderen
Seite des Frieses dargestellt. Der Herzog von Anhalt, als verlierender Theil, hatte
tausend Thaler zu zahlen, der Gewinner aber ließ von Wolf Mayr (Meier) in Nürnberg
die beiden gleichen Pocale anfertigen und verehrte ein Exemplar seinem Schwager. Das
zweite wird 1307 bei der französischen Invasion geraubt und eingeschmolzen worden
sein. Der Dessauer Pocal ist bei Gelegenheit der Ausstellungen in Frankfurt 1875, in
München 1876 publicirt worden, doch sind die beigegebenen Beschreibungen so wenig
genau, dass schon deshalb, abgesehen von den culturgeschichtlichen Beziehungen, die
nun klargestellt sind, die neuerliche Publication des bedeutenden Werkes gerechtfertigt
erscheint. AI: eigentlicher Verfertiger wird durch die Meisterrnarke Elias Lencker
kenntlich gemacht, den Entwurf für den Fries schreibt Verfasser Jost Amtnan zu, an
den er allerdings erinnert. Bedeutend ist das Werk auch schon durch seine Großen-
verhiltnisse: der Pocal misst jetzt, wo die Standarte in der Hand des Gewappneten
über der den Deckel beltrönenden Vase fehlt, noch 0'532 Meter, und die Schale fasst an
5 Liter. Dem Aufbau nach gehört der Pocal zu der Gruppe der gewöhnlich mit dern
Namen .lan1nitzer's in Verbindung gebrachten, mit reicher horizontaler Gliederung und
starker Einziehung der Schale zwischen Wulsten. Im Anhange der mit einer Lichtdruck-
abbildung des Pocales, Abwickelung des Frieses, Ansicht des Fruchtstraußes im lnnern
des Deckels und mehreren zur Geschichte des Stückes in Beziehung stehenden
Illustrationen geschmückten Schrift ist eine Uebersicht der bekannteren Pocale dieser
Gattung gegeben. B.
I
Unter den: Titel Neuheiten in Posamenterien für Möbel und Deco-
rarion, herausgegeben von Philipp Schwarz, Posamenteriewaaren-Fabrikant in Wien,
sind als erstes Heft der ersten Serie zehn Blätter chromolithographischer Abbildungen
von Quasten und Fransen erschienen (Preis 8. to), die eine erfolgreiche Benützung
älterer Muster verrathen. Mit Rücksicht auf den Umstand, dass dieses eminente Hilfs-
mittel der Decorationskunst bisher von der kunstgewerblichen Refcn-mbewegung wenig
berücksichtigt worden ist, darf man dem Unternehmen gedeihlichen Fortgang wünschen.