ÜBER DIE ITALIENISCHE
Von Prof.
-S(I
{AFFRAN
STILLEBENMALEREI DES BAROCB
Die italienische Stillebenmalerei des 17. und der ersten Hälfte
des 18. Jahrhunderts besitzt eine erstaunlich große Zahl wirklich
bedeutender Vertreter, die keinesfalls, wie noch in neuester Zeit
irrig gemeint wird, mehr oder minder nur Nachahmer der Nie-
derländer sind, sondern Meister voll reifer Persönlichkeit und im
Besitz von künstlerischen Mitteln, die jenen ihrer figuralen Kol-
legen adäquat sind. Daß die Anregung zu solcher italienischer
Betätigung auf dem fremden Gebiet der Stillebenmalerei teils bei
den Holländern, teils - und sogar noch stärker - bei den
Vlamen liegt, ist sicherlich richtig. Einmal gibt der Norden,
einmal der Süden, doch stets wird das Genommene in die eigene
Kunstsprache übersetzt. Ein wahrhaft europäischer Vorgang!
Während nun die groflcit italienischen Stillebenmalcr zu Leb-
zeiten geschätzt und von den damaligen Vitenschreibern auch
dementsprechend berücksichtigt wurden (z. B. bei Baglioni, Bal-
dinucci, Bellori, und sogar noch bei dem späten Lanzi), wurde es
dann, in erster Linie unter dem Druck der so entgegengesetzten
Kunstanschztuung des Klassizismus, still um sie, und im 19. jahr-
hundert und darüber hinaus bis fast zum Beginn des Ersten Weh-
krieges hat kaum mehr einer die Namen der bedeutendsten dieser
Stillebenmaler gekannt, den Lombarden Baschenis, den Maler
köstlicher Stillcben von Musikinstrumenten, ausgenommen.
Nach 1918 begannen vorerst deutsche Kunsthistoriker sich
dieselverschüttete Sache anzunehmen, und bald folgten ihnen
Temperament und rasch wachsendem Erfolg die italienisi
Fachkollegen. jetzt kennt alle Welt den hohen Wert der ital
sehen Stillebenmalerci des ganzen Barocks und dennoch
sowohl über ihrer systematischen Entwicklung und über r
chen ihrer Vertreter noch immer ein merkwürdiges Dunkel. I"
immer werden ziemlich kritiklos die lombardischen, FÖfnlSl
und neapolitanischen Stillcbenmztler mit ihren holländischen
vlämischen Kollegen verglichen, ohne hiebei die gänzlich
schiedenen Kunstanschztuungen zwischen Nord und Süd - :
sogar im sonst so unifnrmen Barock - zu berücksichtigen.
Stillehen von der intimen Haltung des Jan D. de Hcem oder
Jan van Huysum wird man weder in Rom, noch in Neapel
den, dagegen wird niemand den geradezu klassischen Au
eines Stillebens des Römers Michelangelo di Cztmpidoglio 1
die Dramatik der großen Leinwanden der Neapolitancr der
pora-Schule wieder an den Ufern der Nordsee antreffen.
Angeregt durch nordische u n d venezianische Beispiele sint
ersten Ansätze zum italienischen Stilleben bereits im let
Drittel des 16. Jahrhunderts zu finden; von noch früheren
spielen in der Form stillebenartiger Beigaben bereits im Qua"