Groteske Faschingsfiguren mit symbolhaf-
ten Tieren. Entwurf von L. O. Burnncini,
der als Theaterarchitckt Kaiser Leopold I.
am Wiener Hof tätig war.
Straße) eine „Wirtsehaft" gehalten, „dergleichen vornehm- und
pompose Festin nicht bald seynd gesehen worden".
Gegen Abend versammelten sich die Gäste „in der kostbahristenl
insonderheit das Hohe Frauen-Zimmet mit den last onschätz-
bahren rcich-bcschmuckten Kleydern 1' jedoch jedweder nach
Brauch und Arth seiner vorstellenden Nution" zu ebener Erde;
dort tanzte man eine Zeitlnng und ging dann in den Obern Saal,
welcher „mit denen kunstreiehisten (Jt-miihlden vielen Bild n]
und großen Spiegeln behnnget ,' zu diesem liestin itulf das zier-
lichste auffgehutzet; und mit einer großen Menge deren auff viel
großen silbern Häng- und Wand-Leuehtern gestellten XVaX-Liceh-
tern erleucht gewesen". Die koslümierten (Jäste set7ten sich nun
zu einem „vornehm- und kosthahren Pztnqtiet, bey welchen Sie
auff das rareste ITIICIlFCT, und nur von 32 zu diesem lind in
gleiche Klcyder verkleydte Knyserl. Edel-Knaben bedient wor-
den: Nach Vollendung dessen seynd alle hohe Anwesende wieder-
umb an den vorigen untern Saal zuruck kommen "und ist allda
zu Männiglichen Vergnügung der Ball die gantze übrige Nacht
Fztsehingskostüme mit makubren Gesichtsmasken: Türke und zwei Sols
dztten; alle tragen als Untergewnnd das Kleid eines llzxrlekins. Diese
Aquarellentwürle von L. O. Burnncini gehören zu den Kostbarkeiten
der Theatersammlung der Österreithisehen Niitionnlhihliothek und sind
für die europäische Thenter- und Kustümgesehiehte von höchstem Wert,
hindurch bey zierlichst- und angenehmbster Hoff-Music eonti-
nuirt worden".
Die Musik besorgten eigene Brtllgeiger, die von den übrigen Hof-
musikanten scheel angesehen waren; Karl VI. mußte einmal
seinen Johann Strauß, einen gewissen Schweinberger, gegen sie
ausdrücklich in Schutz nehmen, denn sie hatten ihm die Noten
zerrissen und seinen Jungen geprügelt.
Der „Groll Czaar von Moscau" war als „Frillländischer Baur"
erschienen, seine Begleitung ligurierte nur unter den Dienern,
während die Kostüme ihres eigenen und ihnen nahestehender
Völker österreichische Adelige (Moscowitter-Obersthofmarscltall
Graf Mansfeld, 'l".trtttr-Gr'.tl' Dttun) trugen. Von den Söhnen
Leopolds I. erschien der ältere (später Josef I.) als „Egyptier",
der jüngere (später Karl VI.) als Niederländer,
Die Möglichkeiten der Kostümierung waren fast unbegrenzt;
die Kostümtreuc beschränkte sich auf wenige charakteristische
Attribute (wie z. B. bei den 'l't'irkcn auf den Turban), ansonsten
waren Schönheit und Pracht ausschlaggebend. Die enge Ver-
bindung dieser Festkostüme mit dem Theater war auch dadurch
gegeben, daß die Entwürfe zu beiden von denselben Künstlern
stammten: unter Leopold I. von L. O. Burnacini und unter
Karl VI. von A. D. Bertoli. Eine Auswahl aus dem Werk
beider hat sich im Original erhalten; die vielfach aquarellierten
Handzeichnurtgen gehören zu den kostbarsten Dokumenten der
Wiener Kultur- und 'l'heatergeschichte.
Im 17. Jahrhundert scheint für jeden einzelnen das Kostüm, in
dem er bei dem Maskenfest erscheinen sollte, bestimmt worden
zu sein; im 18.Jahrbundert, unter Karl VI., entschied darüber das
Los. Jeder Teilnehmer mußte Wochen vorher einen „Zettul he-
ben", aus dem das Kostüm, das er bei der „WirtschafW zu tra-
gen hatte, ersichtlich war; so wurden z. B. im Jahr 1724 am
25. Jänner die Lose für die Wirtschaft vom 29. Februar ge-
zogen. In der Zwischenzeit wurde das Kostüm angefertigt; da an
jeder „Wirtschaff etwa 80-1OO Personen teilnahmen, mögen
die „Sticker", wie die Kostümschncider damals hießen, weil Stik-
kerei in echtem Gold und Silber einen wesentlichen Teil des Ko-
stüms ausmachte, ihre Nadeln wohl fleißig gerührt haben. Viel-
[aeh waren die Kostüme mit Edelsteinen besetzt und man schätzte
den Wert, der da getragen wurde, manchmal bis auf zwei Mil-
lionen Gulden, für jene Zeit eine unvorstellbar hohe Summe.
Neben den „Wirtschalten" wurden auch „freiwillig verkleidete
Feste" gehalten, bei denen jeder Teilnehmer sein Kostüm frei
wählen konnte.
Bei den höfischen Maskenfesten war auch das sonst so strenge
Zeremoniell ein wenig gelockert; man war an diesem Abend
eben, was man schien, auch dann, wenn es ungewöhnlich war.
So vermerkt das Zeremonialprotokoll im Jahr 1653, daß der Kai-