wand des Seitenschiffes im äußersten Kontrast steht. Denn hier
ist mit Hilfe der neuen Gestaltungsmittel von selbsttragendcn
ßetonmaßwterksteinen mit den dahinterliegenden vielfarbigen
Fenstern Professor Meistermanns, eine tragende Wand zu einem
dynamischen Raum-Lichtgebilde umgestaltet, das mit jedem
Schritt neue und überraschende Ansichten bildet, die in ihren
Wirkungen ein Spannungsfeld von in sich ruhender Stabilität
und drängender Dynamik ergeben.
Diese polare Doppelfunktion von Ruhe und Dynamik geht auch
von der Decke der großen Halle aus. Die Deckenkonstruktion
JUS konvexen Betonschalen - eine sogenannte lätltdecke - ver-
mittelt einmal den Eindruck von Zellformen, zum anderen aber
erfüllt sie den Raum mit einer nach vorne zum Altarrxium dran-
genden Wellcnbetvegung. Große Halle und Altarraum stehen
daher in einem steten inneren Spannungsverhältnis, das beson-
dcrs bei Prozessionen innerhalb des Kirchenraumes zur Wirkung
kommen mag, weil sich der Gläubige von jedem Standpunkt
aus auf das liturgische Zentrum hingerichtet empfinden mufl.
Die das basilikale Schema bewahrendc Außenansicht ist ak-
zentuiert durch den aufragenden Turm an tder Oslseite der
Apside und durch eine großlinige, strenge Gliederung der Süd-
fa ade. Ihr Mittelteil ist von geschlossenen Wandblöcken flan-
kiert und durch ein Betonmaßtverk aus Kreisen und Kreuz!-
variationen zu einem riesigen Fenster über einer aus fünf Off-
nungen bestehenden Torzone aufgelockert. Das Maßwerk ist mit
französischem Dickglas ausgefüllt, dessen farbige Wfirkung sich
erst im Innern ergibt. Die Oberfläche der Außenwände wird
durch die littrbe und den muscheligen Bruch der mit Maklit-
stcineit verkleideten Betonwände belebt, die hier zum ersten-
mal in vollem Ausmaße angewendet wurden. In diese warme
Farbigkeit und Struktur der Sichtbetonwände fügen sich als
leuchtende Akzente die limailflügel des großen Mitteltores. Otto
Beckmann hat hier auf acht großen Emailfeldern das Mysterium
der Schöpfung und der Sakramente dargestellt.
Mit der Don Bosco-Kirche hat Robert Kramreiter von neuem
den Versuch unternommen, mit Hilfe der Architektur und der
Schwesterkünste seine liturgische R aumvorstellung zu verwirkl'-
chen und ein gültiges Haus Gottes zu errichten. Mit künstlet
sehen Mitteln der Gegenw: "t, die aber die abendländische Tra-
dition und ihre religiös-geistigen Grundlagen nicht verleugnen
können, hat er dem liormproblem des christlichen und zeitnahen
Gotteshauses eine eigenwillige Prägung abgcrungcn. Seine Ge-
genwttrtsnähc ließ ihn bei dieser Kirche alle funktionellen und
ästhetischen Möglichkeiten des Betons, der der legitime Baustoff
des 20. Jahrhunderts ist, einsetzen und verwerten. Was sich
dabei als geprägte Form ergab, verdient mit Recht ein Haus
Gottes in dieser Zeit genannt zu werden.
(irolles Mittelmr an der Südlassade. Zwei Flügel aus Emailmosaik und Sili-
katsteinen mit je vier Darstellungen. Auf dcr linken Hälfte von oben nach
unten: Gott der Schöpfer, die ersten Menschen, Erlösung, Maria. Auf der rech-
tcn Hälfte von oben nach unten: Schöpfung, Versuchung, Sakramente, himm-
lisches Jerusalem.