MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 12)

mehr als jener „reine psychische Automatismus... , ohne jede 
durch den Verstand ausgeübte Kontrolle, außerhalb jeder ästhe- 
tischen oder moralischen Voreingenommenheit", den Breton po- 
postulicrt. Es liegt ihnen auch kaum daran, „augenfällig zu 
machen, daß die Gesichte des Traums, der llalluzination, des 
Wahnsinns gleichen Realitätsgrad haben wie die Wahrnehmun- 
gen und Vorstellungen der Alltagswirkliehkeit, ja daß sie von 
ihnen nicht zu unterscheiden sind" - was die Herstellung jener 
„Konfusi0n" umschreibt, welche vom zweiten der surrealisti- 
schen Manifeste verlangt wird. 
Die Wiener überlegen ihre Einfälle. Das „Sehockiercndä, „Ab- 
surde" wollen die Künstler nicht um jeden Preis. Sie halten sich 
an die Erfahrung, daß Nach„sinnen", Nachdenken den Prozeß 
der Bildsehöpfung befruchtet, Die Phantasie muß frei sein. 
Kommunikation besteht. Das taghaft Helle wirkt auf die sam- 
tenc Nacht cin. Nacht wirkt auf den Tag Zurück. Der Reich- 
tum menschlicher Vorstellungskraft lällt sich nicht schlechthin 
als bloßer Niederschlag des Unbewuflten, und Malerei, wie sie 
sein soll, nicht einfach als „farbige Momentphotographie der 
konkreten lrrationalität" (Dali) definieren. 
Nun darf man vielleicht einwenden, daß die malerische Praxis 
des Surrealismus nicht immer so nihilislisch war wie es die. 
Theorie verlangte, und Claß, je weiter die Entwicklung fort- 
schritt, seine „Enlzahnung", die Darstellung des bloß Gruse- 
ligen (ein (jrotle-nhahnsurrealismus), des nichts als Seltsamen, 
Merkwürdigen, sich mehr und mehr ausbreitete. 
Der „Phantastische Realismus" der Wiener ist anders. Er ist 
„logisch". Es geht ihm um große Anliegen: Natur und Men- 
schenwelt, Probleme der Zivilisation, der Seele. - Krieg, Kata- 
strophen finden in seiner Darstellung Platz, aber auch Sehn- 
sucht nach Liebe, Glück und Idyll. Unter den „Phantastische-n 
Realisten" sind Maler von einer Unverbrauchtheit und Frische, 
einer Originalität, von einer Macht der Vision und einer Mei- 
sterlichkeit des Handwerks, die als ungewöhnlich auffallen. 
Wien hat nichts Schöneres zu zeigen. . 
Inwiefern hängen die Künstler mit dem Surrealismus zusam- 
men? Sie haben einige seiner assoziativen Techniken über- 
nommen. Er hat den Wienern Mut gemacht, dem Spiel ihrer 
Einbildungskraft freieren Lauf zu lassen, als es in überlieferter 
Malerei üblich war. Sie hängten ihre eigenen Gedanken an dies 
Spiel. 
Das „Zusammentreffen zweier scheinbar wesenslremder Ele- 
mente auf einem ihnen wesensfremdcn Plan", das Max lirnst 
verlangt, gibt es auch bei den „Phantastischen Realisten". Nur 
steht es hier nicht um seiner selbst willen da (weil es so schön 
frerndartig ist), nicht allein der „poetischen Zündung" wegen, 
sondern als Teil eines Berichtes. Bei näherem Zusehen erweist 
es sich als Parabel und die phantastische Szene als ein wirk- 
licher Schauplatz, auf dem menschliches Ringen um Befreiung 
abläuft. 
Insbesondere bei Hausner drängt alles nach Klärung. Vernunft 
ist der geheime Held seiner Bilder. Das scheinbar „Absurde" 
19
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.