DIE ENTWICKLUNG DER NIEDERÖSTERREICHISCHEN
PLASTIK IN GOTISCHER ZEIT
Von jOSEF ZYKAN
Es wäre erfreulich, wenn wir die übliche Terminologie der
Kunstgeschichte aufgehen könnten und die einzelnen Perioden
nicht mit Bezeichnungen versehen müßten, die ja keineswegs
zutreffen, aber nun einmal gewohnt sind, Der Ausdruck brutta
rnaniera gotica, den Vasari verwendet, ist ja vor allem auf italie-
nische Kunstwerke gemünzt, welche die fremde Stilart ange-
nommen hahen. Wie wir jetzt den Begriff verwenden, mangelt
ihm auch jede dialektische Klarheit, wir sind aber nicht
imstande, zutreffende Kategorien zu nennen, die uns die alten
ersetzen könnten.
Das 13. Jahrhundert ist jedenfalls ein Zeitalter des Überganges.
Wenn Österreich und speziell Niederösterreich in diesem jahr-
hundert so wenig von der Kunstentwicklung Frankreichs be-
rührt wurden, so liegt es daran, daß die zisterziensisch-nmönchi-
sche Kunst ihre Wurzeln in Burgund, also nicht in Frankreich
hat und daß den Babenbergern die Baukunst Apuliens näher lag
als die neuen Errungenschaften der Isle de France. Dieses Ver-
halten war keineswegs eine Wcltabgesehlossenheit, sondern eine
Aufgeschlossenheit eben gegen andere Bezirke.
Die Isolierung, welche Österreich in der Zeit Ottokars II. er-
fahren hat, ist keineswegs unfruchtbar gewesen, wenn sie auch
manche Einflüsse ausschztltete. Die Gesinnung der italienischen
Bettelorden konnte sich damals in Österreich schon geltend
machen.
Als Ottokars II. erste Gattin, die Babenbergerin Margarethe,
1267 in Stift Lilienfeld bestattet wurde, da Stand schon das Lang-